Im Folgenden möchte ich eine Reihe von Schädeln, andere Knochen und Skelette, sowie Knochenstätten vorstellen und erläutern, die ich als besonders interessant und bemerkenswert ansehe. Es sind Beispiele aus ganz verschiedenen Bereichen der Tierwelt und vom Menschen, aus ganz unterschiedlichem kulturellem Zusammenhang.

  • Ifuago Schweineschädel von den Philippinen
  • Pferdeschädel und Menschen-Schädel-Trophäe vom Volk der Dayak aus Borneo
  • Scrimshaw, Kunst mit/auf Schädeln und Knochen
  • Knochen und Schädel als Werkzeuge zur Wahrsagung
  • Penisknochen

  • Besondere Knochen bei Fischen
  • Brustflossenstacheln
  • Kreuzfisch
  • Schmelzschuppen vom Knochenhecht
  • Herzknochen, Herzkreuzl vom Hirsch
  • Ohrsteine vom Dorsch
  • Knochenplatten bei Panzerfischen

  • Osteoderme bei Landwirbeltieren
  • Misteriöser Knochen beim Vogel

  • Besonders eindeutige Knochen bei Säugern
  • Der „Goethe-Knochen“
  • Gehörknochen beim Wal, Cetolith / Bulla tympanica

  • Knochenflöten
  • Schädel von Moorleichen mit Haaren
  • Reliquien

  • Die Katakomben von Paris
  • Die Goldene Kammer in Köln
  • Beinhaus in Hallstatt und seine kunstvoll bemalten Schädel
  • Die Knochenkirche in Sedlec bei Prag in Tschechien
  • New Orleans in den USA, die Voodoo Metropole
  • Totenköpfe auf Grabplatten und Denkmälern
  • Totentänze

  • 3D Druck vom eigenen Schädel


  • Ifuago Schweineschädel von den Philippinen

    Bei den Ifugao handelt es sich um eine Ethnie, die in den schwer zugänglichen Philippinischen Kordilleren auf Nord-Luzon in den Philippinen lebt. Die Selbstbezeichnung „Ifugao“ bedeutet so viel wie „Menschen der Erde“. Bekannt ist, dass die Ifugao zu den Kopfjägern gehörten. Es war üblich, die Schädel der getöteten Feinde kunstvoll als Wandschmuck zu verarbeiten. Besonders ist noch heute das Verhältnis der Ifugao zu Schweinen, die zu zeremoniellen Schlachtungen gehalten werden. Auch hier wurden und werden die Schädel präpariert und in ihren Wohnbereichen angebracht Diese Schädel mit der typischen schwarzen Patina sollen den bösen Geist draußen belassen und so den Innenbereich schützen.

    Literatur zum Thema:

  • L. Newell, 2007, „Headhunters´Encounter With God – An Ifugao Adventure“, iUniverse
  • J.H. Ziegler Remme, 2014, „Pigs and Persons in the Philippines – Human-Animal Entanglements in Ifugao Rituals“, Lexington Books
  • Siehe auch:
    Original-Schweine-Schädel-Trophäe der Ifuago:
    http://www.tribalartasia.com/Tribal%20Art%20Asia%20Ifugao%20Tribe/IFUGAO-BOAR-SKULL-JUNE-2018/IFUGAO-BOAR-SKULL.html
    oder: Original-Schweine-Schädel-Trophäe zusammen mit Menschen-Schädel-Trophäe der Ifuago:
    http://www.tribalartasia.com/TRIBAL_ART_SKULLS/IFUGAO-Skull-4.html
    und hier: http://www.tribalartasia.com/TRIBAL_ART_SKULLS/IFUGAO-Skull-2.html

    Abbildung 1
    Abbildung 1: Ifugao Schweineschädel von den Philippinen.
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    Pferdeschädel und Menschen-Schädel-Trophäe vom Volk der Dayak aus Borneo

    Dayak, alternativ auch Dajak oder Dyak, ist ein Sammelbegriff für die indigene Bevölkerung der südostasiatischen Insel Borneo. Zu den Dayak werden dutzende verschiedene Volksgruppen gezählt, die sich in Sprache, Kultur und Lebensweise teilweise gravierend voneinander unterscheiden.

    Im Europa des 19. Jahrhunderts wurden die Dayak insbesondere deshalb bekannt, weil einige ihrer Stämme das Ritual der Kopfjagd praktizierten. Dabei wurden bei Raubzügen und Schlachten getötete Feinde enthauptet und der abgeschlagene Schädel anschließend als Kriegstrophäe mitgenommen.

    Ganz bestimmte, speziell gravierte und bemalte Schädel, wie der hier gezeigte Pferdeschädel, zeigen die Schädelkunst der heutigen Dayak.

    Literatur zum Thema:

  • Wikipedia, 2021, Auszüge, verändert
  • Carl Bock, 1882, The head hunters of Borneo, second edition.
  • Paolo Maiullari „Westliche Vorstellungen von den Kopfjägern auf Borneo“ in: A. Wieczorek & W. Rosendahl, 2009, Schädelkult, Kopf und Schädel in der Kulturgeschichte des Menschen, Verlag Schnell und Steiner.
  • Siehe auch:
    http://www.tribalartasia.com/Tribal%20Art%20Asia%20%20Dayak%20Tribe/Tribal-Art-Dayak-Tribe.html
    Im Besonderen: Original-Menschen-Schädel-Trophäe der Dayak:
    http://www.tribalartasia.com/Tribal%20Art%20Asia%20Human%20Skulls/SKULLSNOV2014/DAYAK35.html
    oder: http://www.tribalartasia.com/TRIBAL_ART_SKULLS/SKULLSAUGUST2015/DAYAK40.html

    Abbildung 2
    Abbildung 2: Dayak Pferdeschädel aus Borneo
    Abbildung 3
    Abbildung 3: Replikat einer männlichen Menschen-Schädel-Kopf-Trophäe beim Volk der Dayak in Borneo (hergestellt von artskulls-london), von vorne und von der Seite.
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    Scrimshaw, Kunst mit/auf Schädeln und Knochen

    Scrimshaw ist eine alte, traditionelle Kunst. Sie hat ihre Wurzeln bei den Naturvölkern. Diese ritzten Motive zur Zierde oder aus rituellen Gründen in die Knochen oder andere harten Teile von Tieren, wie Stoßzähne oder Horn. Vor ca. 200 Jahren wurde diese Technik in Nordamerika von den Walfängern, die am liebsten auf den Zähnen des Pottwals, einem Abfallprodukt des Walfangs, arbeiteten, wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Dabei gelangte das Scrimshaw auch nach Hawaii, wo sich heute ein Zentrum der Scrimshaw-Kunst befindet.

    Zitiert von der Website: www.evahalat-scrimshaw.com

    Eva Halat ist eine begeisterte Scrimshaw-Künsterin, wohl die bekannteste und talentierteste im deutschsprachigen Raum.

    Literatur zum Thema: Eva Halat, 2003, Modernes Scrimshaw, (englischsprachige Ausgabe: "Contemporary Scrimshaw") Verlag Angelika Hörnig

    Abbildung 4
    Abbildung 4: Objekt "Coyote Spirit", Koyoten-Schädel mit Szenen aus einem Koyotenleben. Das Motiv wird auf dem glatt polierten Untergrund mit einem nadel-ähnlichem feinen, spitzen Werkzeug eingeritzt oder nur fein gepunktet. Danach wird Farbe eingerieben, die nur an den bearbeiteten Stellen haften bleibt. (©: Eva Halat)
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    Knochen und Schädel als Werkzeuge zur Wahrsagung

    Knochen stammen, sofern es sich nicht um Replikate aus Kunststoff handelt, aus einst lebenden Tieren. Daher ist es nicht verwunderlich, daß Knochen auch für spirituelle Zeremonien verwendet wurden und werden. In den Publikationen, die ich gefunden habe, geht es zum einen um einen Bericht, wie die Schulterblätter von Haustieren als Art „Orakel“ Verwendung finden (Abb. 5B), ins Feuer geworfen werden, um aus den Brüchen und Linien, die auf der Knochenoberfläche entstehen, Fragen zu beantworten oder in die Zukunft zu sehen. Anett Oelschlaegel erläutert die Vorgehensweise und Interpretation dieser Technik sehr schön am Bespiel der ‚Tyva‘ oder ‚Tuwa‘, eines Volkes aus dem Süden Russlands an der nordwestlichen Grenze zur Mongolei. Eine ähnliche Technik zum Wahrsagen durch Ansengen von Schulterblättern von Schafen ist auch aus der Mongolei bekannt.
    Zum anderen gibt LUPA in ihrem Buch „Skull Scrying“, was soviel wie ‚Wahrsagen mit Schädeln‘ bedeutet, eine Anleitung, auch für „Anfänger“, wie mit Schädeln zusammen mit dem Geist des Tieres, welcher noch im Schädel steckt, zukünftige Ereignisse vorher gesagt und gegenwärtige oder vergangene Ereignisse, die sich der Kenntnis des Fragenden entziehen, ermittelt werden können (Abb. 5A). Sie geht in ihrem Buch auch auf Fehlschläge und Gefahren des Wahrsagens auf diese Art und Weise ein und gibt Tipps, wie die Technik durch ständiges Üben verbessert werden kann.

    Auch wenn man nicht unbedingt daran glaubt, dass diese Form des Wahrsagens möglich ist, ist es doch äußerst interessant, sich mit diesen Techniken und deren Interpretation ganz offen zu beschäftigen.

    Literatur zum Thema:

  • A.C. Oelschlaegel, 2005, „Deutung und Wahrheit. Zwei Divinationspraktiken bei den Tyva im Süden Sibiriens“, In: Anett C. Oelschlägel, Ingo Nentwig
  • Jakob Taube (Hg.): „Roter Altai, gib Dein Echo!“ Festschrift für Erika Taube zum 65. Geburtstag. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, S. 377-400

  • LUPA, 2015, „Skull Scrying“, www.thegreenwolf.com

    Abbildung 5
    Abbildung 5: Schädel und Schulterblatt als Werkzeuge der Wahrsagung. (A) Buch von LUPO über „Skull Scrying“ (Wahrsagen mit Schädeln), 2015, (www.thegreenwolf.com), der Schädel eines Kojoten ist auf der Titelseite abgebilde. (B) Schulterblatt vom Schaf/Lamm, welches in manchen Ländern zum Wahrsagen benutzt wird.
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    Penisknochen

    Der Penisknochen, lateinisch auch Os penis, Os priapi oder Baculum, ist ein langgezogener Knochen im männlichen Begattungsorgan, dem Penis, der unter anderem bei der Kopulation helfend eingesetzt wird. Huftiere, Elefanten, Seekühe, Kloakentiere und Beuteltiere besitzen keinen solchen Knochen, verbreitet ist er dagegen bei fast allen Raubtieren, Nagetieren, Fledertieren und Riesengleitern. Auch bei Primaten ist der Penisknochen eher üblich, fehlt aber beim Menschen, was manche auf seine (meist) monogame Lebensweise zurückführen. Unklar ist, ob dieser Knochen beim Menschen im Laufe der Evolution verloren gegangen ist.

    Den größten Penisknochen besitzen Walrösser mit einer Länge von ca. 60 cm, der kleinste ist bei der Fledermaus Pipistrellus gemessen worden.

    In verschiedenen Kulturen erlangt das Tragen von Penisknochen als Amulett eine Bedeutung, was vor allem auf die Funktion des Knochens bei der Paarung zurückführbar ist. Bei den Hoodoo in den USA soll ein Waschbär-Penisknochen zu Liebe und Glück verhelfen.

    In alpenländischen Regionen wird der Penisknochen von Mardern (Stein- und Baummardern) als Marderknochen, Marderzipferl, „Marderboanl“ oder am häufigsten als „Marderboandl“ bzw. „Maderboandl“ bezeichnet. Maderboandl werden in Silber gefasst und von Männern als Talisman an der Uhrenkette oder um den Hals getragen. Junge Männer nehmen den Knochen manchmal auch pulverisiert zu sich. Dies soll, man kann es sich fast denken, die Manneskraft stärken!
    Auch Penisknochen von Dachs, Iltis, Fuchs und von anderen kleineren Raubtieren werden zu diesem Zweck verwendet.

    Literatur zum Thema:

  • W.R. Brett et al., 1951, Proceedings of the Royal Society of Medicine, 44/433, “The Os Penis in Man and Beast” 11-12.
  • M. Brindle & C. Opie, 2016, Proc. R. Soc. B, 283, “Postcopulatory sexual selection influencesbaculum evolution in primates and carnivores”, 1-7
  • Joanne O’Sullivan, 2010, Book of Superstitious Stuff. Weird Happenings, Wacky Rites, Frightening Fears, Mysterious Myths & Other Bizarre Beliefs.
  • L. Hansmann & L. Kriss-Rettenbeck, 1999, „Amulett - Magie -Talisman“, Nikol Verlagsgesellschaft
  • www.charivaris.de/kleines-Lexikon
  • Abbildung 6
    Abbildung 6: Verschiedene Penisknochen, (A) vom Walroß, 60 cm, (B) vom fossilen Höhlenbären, 19 cm, (C) vom Seehund, 14,5 cm, (D) vom Haushund, 7,5 cm, (E) vom Rotfuchs, 5,5 cm, (F) vom Waschbär, 9,5 cm, und (G) vom Kandadischen Biber, 3,5 cm.
    Abbildung 7
    Abbildung 7: „Maderboandl“, in Silber eingefaßter Penisknochen eines Steinmarders, stärkt die Manneskraft! Weißer Balken: ca. 0.5 cm.
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    Besondere Knochen bei Fischen

    Als imposanteste Knochen bei Fischen fällt mir sofort das Rostrum, das Schwert, am vorderen Ende mancher Fische ein. Ist es abgeflacht, gehört es eher dem Schwertfisch (Xiphias gladius, Abb. 8a). Die Funktion des Schwertes ist noch nicht ganz geklärt: Es könnte zum Erlegen von Schwarmfischen als Nahrung dienen, sich aber auch bei der Entwicklung der Stromlinienform herausgebildet haben. Ist das Rostrum dagegen als runder Speer ausgebildet, handelt es sich eher um einen Marlin. Abbildung 8c zeigt den Speer eines Schwarzen Marlins (Istiompax indica), welcher mit 129 km/h als schnellster Fisch der Welt gilt. Berühmtheit in der Literatur hat der Schwarze Marlin als Hauptfigur in Ernest Hemingway‘s Roman „Der alte Meer und das Meer“ erreicht (Abb. 9).
    Fast filigran ästhetisch sieht der Stachel eines Stechrochens aus (Abb. 8b). Für den Stechrochen als Waffe zur Verteidigung gedacht, befindet er sich auf der Rückseite des Schwanzes und enthält Gift. Ein Stich beim Menschen führt sofort zu heftigen Schmerzen und erfordert meist die Hilfe eines Arztes.

    Abbildung 8
    Abbildung 8: (a) Abgeflachtes, schwertartiges Rostrum von zwei Schwertfischen (Xiphias gladius), weißer Balken: 8 cm, (b) Zwei Stacheln vom Stechrochen (Familie der Dasyatidae, ca. 100 verschiedene Arten), weißer Balken: 1 cm, (c) Runder Speer, Rostrum, vom Schwarzen Marlin (Istiompax indica), ca. 60cm, weißer Balken: 5cm.
    Abbildung 9
    Abbildung 9: (A) Ernest Hemingway (1899-1961), Foto von „U.S National Archives and Records Administration“; (B) Erstausgabe von „The Old Man & The Sea“ (Der alte Mann und das Meer), 1952. © Beide Fotos gemeinfrei.
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    Brustflossenstacheln

    Im Jahre 2022 habe ich einen „Brustflossenstachel“ von Andy Richter erworben, rezent, aus dem Amazonasgebiet. Das ist ein kleiner Knochen, der von dem Süßwasserfisch Arapaima gigas (bezeichnet als Arapaima oder auch Piraruku (Abb. 10) stammt und Teil der Brustflosse ist. Ich fand den Fischflossenstachel total schön, er hat mich gleich fasziniert, allerdings hatte ich von einem solchen Knochen noch nie vorher gehört. Das war auch der Grund, weshalb ich angefangen habe zu recherchieren, um mehr darüber zu erfahren. Hilfreich war, dass ich die englische Bezeichnung (pectoral-fins spines) gefunden habe, womit ich doch einiges an internationaler Literatur im Internet finden konnte, sehr alte und erstaunlich aktuelle Publikationen.

    Bei welchen Fischen kommen diese Knochen vor allem vor? Wie sind sie morphologisch aufgebaut und wofür sind sie bei Fischen gedacht?

    Laut Angela van den Driesch (1986, siehe Literatur zum Thema, unten) bildet der Brustflossenstachel vor allem bei Welsen, einer Ordnung der Knochenfische mit über 4000 verschiedenen Arten, die äußere Stütze der Brustflosse. Bekannte Vertreter sind die Fieberbartwelse (Monokinae), mit 100 verschiedenen Arten in afrikanischen Süßgewässern. Als prominente Arten sind zu nennen: „Synodontis serratus“ (Abb. 11, 12 B und D) und „Synodontis schall“ (Abb. 12A und C), von denen ich sehr informative Artikel mit Fotos der Brustflossenstachel gefunden habe, welche die Ästhetik dieser kleinen Knochen sehr schön darstellen.
    Der Stachel steht in direkter Verbindung mit dem Schlüsselbein im Fischskelett und stellt meist einen bilateralen, stabilen, fast geraden, spitz zulaufenden Knochenstab dar, mit feinen Rillen an den beiden abgeflachte Seiten (A. van den Driesch, 1986). Die dem Fischkörper zugewandte Seite weist kräftige Knochenhäkchen auf, die wie kleine Zähnchen aussehen.
    Als Funktion der Stachel ist neben der Stabilität der Flossen vor allem die Verteidigung zu nennen. Das plötzliche Herausschnellen der sehr gelenkigen Stachel nach der Seite läßt den Fisch größer erscheinen und bewahrt ihn vom „Gefressenwerden“ von größeren Fischen (A. van den Driesch, 1986). Bei einigen Welsarten sind außerdem Giftdrüsen an der Basis der Stacheln beschrieben worden, welche Stiche noch unangenehmer machen (Wright JJ, 2015).
    Mit Hilfe der Knochen ist im Übrigen auch die Erzeugung von Lauten möglich, die sich durch Veränderung der Frequenz, der Tondauer und der Impulsfolge unterscheiden. Untersucht wurde dies beim Getüpfelten Gabelwels, Ictalurus punctatus (Fine, Michael L et al., 1997). Eine Form der „Stridulation“ ist hier möglich, was als eine spezielle Form der Lauterzeugung durch Reiben zweier gegeneinander beweglicher Körperteile beschrieben wird, ähnlich wie bei Heuschrecken.

    Wie werden Brustflossenstacheln heute noch künstlerisch verarbeitet?

    Bei der schönen Form der Knochen und der Tatsache, dass sie weitgehend hohl sind, verwundert es nicht, dass sie für die Herstellung von kleinen Pfeifen verwendet werden (Abb. 13). Aus Brustflossenstacheln von Arapaima-Fischen aus dem Amazonas in Peru gefertigte Pfeifen sehen nicht nur wirklich schön aus, sondern sind laut Künstler zum Rauchen verschiedenster Kräuter geeignet.

    Da kann man doch nur wünschen: Viel Freude beim Genießen!

    Zu diesem Thema habe ich einen Artikel verfasst, der im Online-Magazin „Leitfossil.de“ (www.leitfossil.de) im Februar 2023 erschienen ist. Hier das pdf dieses Artikels

    Literatur zum Thema:

  • Fine, Michael L et al., 1997, „Pectoral Spine Locking and Sound Production in the Channel Catfish Ictalurus punctatus“, Copeia, 1997/4, 777-790.
  • Jawad, Laith A, Farrag MMS, and Park JM, 2021, „Interspecific and intraspecific differences in pectoral-fins spine morphology in Nile River and Lake Nasser catfishes, Siluriformes“, Proceedings of the Zoological Institute RAS, 325 (3), 308–322.
  • von den Driesch, Angela, 1986, „Der Fiederbartwels Synodontis schall als Lieferant von Pfeilspitzen im alten Ägypten“, Ann. Naturhist. Mus. Wien, 88/89 B, 305-308.
  • Wright, Jeremy J, 2015, „Evolutionary History of Venom Glands in the Siluriformes“, Evolution of Venomous Animals and Their Toxins, 1-19.
  • Thank you very much to Laith Jawed, Freelance Fish Biodiversity Consultant and Expert, Auckland, New Zealand for allowing me to use their figures for this article.

    Abbildung 10
    Abbildung 10: Brustflossenstachel vom Süßwasserfisch Arapaima gigas (Arapaima, auch „Piraruku“ oder „Paiche“ genannt) aus dem Amazonasgebiet, gehörig zur Ordnung der Knochenzünglerartigen. Weißer Balken: 3cm. Erworben 2022 von Andy Richter (https://www.richter-fossilien-reisen.de).
    Abbildung 11
    Abbildung 11: Foto eines Vertreters der Fieberbartwelse (Synodontis serratus) vom Nassersee südlich von Kairo in Afrika. Die Gesamtlänge beträgt 40cm. Die roten Pfeile weisen auf die Flossenstacheln an Brust und Rücken hin. aus: Jawad LA et al., 2021, siehe „Literatur zum Thema“, unten.
    Abbildung 12
    Abbildung 12: Fotos von linken und rechten Brustflossenstacheln der südlich von Kairo gefangenen Welse Synodontis serratus (B, D) und Syndontis schall (A, C). Die Stacheln sind sowohl aus ventraler (vom Bauch her) als auch dorsaler (vom Rücken her) Sicht fotografiert worden. Die Gesamtlänge beider Fische beträgt 40cm. aus: Jawad LA et al., 2021, siehe „Literatur zum Thema“, unten.
    Abbildung 13
    Abbildung 13: Zwei Tabakpfeifen ((a) und (b), jeweils von beiden Seiten fotografiert), gefertigt unter anderem aus Brustflossenstacheln von Arapaima gigas (Arapaima, gehörig zur Ordnung der Knochenzünglerartigen) stammend aus dem Amazonasgebiet in Peru, erworben bei ETSY (DarkRitualsJewels, MangoPurpleJewels). Weißer Balken entspricht 3cm.
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    Kreuzfisch

    Fast in die Mystik oder Religion gehört der Kreuzfisch, auch als Kruzifix-Fisch oder Kruzifix-Wels bezeichnet (Abb. 14). Es handelt sich um das herausgelöste Gaumenteil des Schädels, welches auf der Innenseite mit ein bisschen Fantasie an ein Kruzifix mit Gekreuzigtem erinnert. Der dargestellte Knochen stammt in dem hier gezeigten Exemplar sehr wahrscheinlich von Sciades proops, der zu den Meerwelsen gehört.

    Literatur zum Thema:

  • Bernd E. Egert, 2017, „Trophäe und Aberglauben“, Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag.
  • Abbildung 14
    Abbildung 14: Gaumendach vom Schädel des Kreuzfisches oder Kruzifix-Welses Sciades proops.
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    Schmelzschuppen vom Knochenhecht

    Die Schmelzschuppen in Abbildung 15(A), eine Art von Fischschuppen, stammen von einer rezenten Knochenhecht-Art. Diese sind nicht vergleichbar mit den üblichen dünnen, flexiblen, transparenten und leichten Fischschuppen. Die Schmelzschuppen sind massiv und bestehen aus einem sehr harten Material. Die Oberfläche ist zudem mit einer weißlichen, reliefartigen, extrem harten, Zahnschmelz-ähnlichen Schicht belegt. Die Schmelzschuppen bedecken den Körper des betreffenden Knochenhechtes wie ein Panzer. Aufgrund seiner extremen Härte und Zähigkeit, scharfen Rändern sowie der natürlicher Pfeilform, wurden die Schmelzschuppen in früheren Zeiten von Indianern auch für Pfeilspitzen zur Jagd eingesetzt. (Text, etwas verändert, übernommen von ‘www.piracolor.de‘, vielen Dank!)

    Abbildung 15
    Abbildung 15: (A) Schmelzschuppen vom Knochenhecht. Diese Schuppen sind sehr hart und bestehen auch einer knochenartigen Substanz und Dentin, Größe: ca. 2.9 cm x 1.7 cm. (B) „Herzkreuzl“, herauspräpariert und mit H2O2 gebleicht, aus dem Herz eines älteren Rothirsches, Länge: 3.4 cm. (C) „Ohrsteine“, Otolithen vom Dorsch, Größe: ca. 2 cm x 1 cm.
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    Herzknochen, Herzkreuzl vom Hirsch

    Die Herzknochen (lateinisch Ossa cordis, Abb. 15B) sind wenige cm große Knöchelchen, die sich in der Scheidewand der Vorkammern bei größeren Paarhufern finden. Bekannt sind sie im alpenländischen Raum als kleine Trophäen von Steinböcken und Rothirschen. Es handelt sich um eine im höheren Alter auftretende lokale Verknöcherung von Bindegewebe (Trigona fibrosa) in der Scheidewand der Herzkammern. Herzknochen treten paarweise auf. Da die flache Seite des Knochens kreuzförmig erscheint, werden sie auch als Herzkreuzl bezeichnet. Als Amulett getragen soll das Herzkreuzl Herzbeschwerden lindern und das Herz stärken.

    Literatur zum Thema:

  • Bernd E. Egert, 2017, „Trophäe und Aberglauben“, Österreichischer Jagd- und Fischerei-Verlag.
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    Ohrsteine vom Dorsch

    Die Ohrsteine (Abb. 15C), auch als Statolithen oder Otolithen bezeichnet, findet man auf den Gleichgewichtsorganen im Schädel vieler Lebewesen. Durch ihre Masse und Gewichtskraft helfen sie, Beschleunigung und Schwerkraft wahrzunehmen. Obwohl manchmal nur wenige Millimeter groß, erreichen sie bei Fischen mehrere Zentimeter und sind hier am Hören beteiligt. Obwohl sie manchmal auch als „Gleichgewichts-Knöchelchen“ bezeichnet werden, bestehen sie nicht aus Knochensubstanz, sondern sind bei Fischen aus Aragonit oder Vaterit (Calciumcarbonat-Modifikationen) mit einem Proteinanteil (Otolin) von bis zu 10 Prozent aufgebaut. Die beiden hier gezeigten, besonders schönen Exemplare wurden während meines Studiums aus dem Kopf eines Dorsches präpariert. Ohrsteine können für die Bestimmung einer Fischart benutzt werden, lassen Rückschlüsse auf das Alter zu und werden sogar für Fragestellungen zur Evolution von Knochenfischen herangezogen

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    Knochenplatten bei Panzerfischen

    Die Panzerfische (Placodermi) sind als Klasse der Fische einzuordnen, die im Erdaltertum lebten, vor allem im Devon (vor 420-360 Mio Jahren) sehr verbreitet waren und dann ausgestorben sind. Charakteristisch für die Placodermi sind ihre Knochenplatten aus Cosmin, einem Dentin-ähnlichen Stützgewebe, mit dem Kopf und Rumpf gepanzert waren.

    Abbildung 16
    Abbildung 16: 3 Stücke der fossilen Knochenplatten eines Panzerfisches aus dem Devon (ca. 360 Mio Jahre), gefunden in der Eifel während einer Studienfahrt des Paläontologischen Instituts der Universität Bonn.
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    Osteoderme bei Landwirbeltieren

    Als Osteoderme oder Hautknochenplatten werden innerhalb der Dermis, der Lederhaus, gelegene und dort gebildete Knochen bezeichnet, die bei einer Reihe von Landwirbeltieren gefunden werden können. Die Form dieser Knochen kann platten-, kalotten- oder stachelartig sein. Nebeneinander liegende Osteoderme können auch miteinander verzahnt oder verwachsen sein und ganze Knochenpanzer bilden, wie etwa bei Gürteltieren. Aufgrund ihrer robusten Struktur werden sie oft bei fossilen Reptilien in recht guter Verfassung gefunden. Neben der Panzerung können diese Knochen auch zur Abwehr als Schwanzkeulen geformt sein (z.B. bei einigen Dinosauriern), aber auch als Calcium-Vorrat dienen, bzw. beim Wärmehaushalt helfen. (Mehr Infos, siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Osteoderm).

    Was den Schildkrötenpanzer betrifft, gibt es unterschiedliche Theorien, ob dieser wirklich aus Osteodermen zusammengewachsen oder eher aus dem Innenskelett, aus Rippen und Wirbeln, hervorgegangen ist (siehe: ‚Gilbert SF et al: 2021, „Morphogenesis of the turtle shell: the development of a novel structure in tetrapod evolution“, Evolution & Development. 3, S. 47–58.‘ und ‚W. G. Joyce WG et al: 2009, „A thin-shelled reptile from the Late Triassic of North America and the origin of the turtle shell“, Proceedings of the Royal Society. Series B 276, S. 507–513‘). Wegen ihrer Ähnlichkeit zu den Osteodermen anderer Reptilien wurde diejenige einer fossilen Schildkröte, welche aus dem Panzer von Trionyx spec. stammt (siehe Abb. 18 (c)) hier trotzdem parallel zu diesen anderen Hautknochenplatten dargestellt.

    Abbildung 17
    Abbildung 17: Osteoderme vom rezenten Mississippi-Alligator, (A) von einem größeren Exemplar (4,5 cm x 4.6 cm), und (B) von einem kleineren.
    Abbildung 18
    Abbildung 18: Osteoderme von ausgestorbenen Reptilien und Säugetieren. (A) und (B) von den Krokodilen Sarcosuchus emperator ((A), 2,4 cm x 2.4 cm) und Diplocynodon hantoniensis (B), (C) von der Schildkröte Trionyx spec., sowie (D) und (E) von den Gürteltieren Holmesina spec. (D), 4 cm x 4 cm) und Glyptodon clavipes (E).
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    Misteriöser Knochen beim Vogel

    Des Öfteren wird ein misteriöser Knochen bei Führungen in Zoologischen Schausammlungen gezeigt und gefragt, um welches Monster es sich dabei handelt. Es sieht fast aus wie ein Schädel, aber von welchem Tier? Monster passt schon irgendwie, aber so etwas gibt es ja nicht… 😊

    Also, um welches Tier und welchen Knochen handelt es sich?


    Abbildung 19
    Abbildung 19: Misteriöser Knochen, was ist es?
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    Besonders eindeutige Knochen bei Säugern

    Bei den Huftieren lassen sich Paar- und Unpaarhufer leicht an den Mittelfußknochen unterscheiden. Beispiele für Pferd als typischem Unpaarhufer (Abb. 20a) und Steppenwisent (Abb. 20b) bzw. Riesenhirsch (Abb. 20c) sind im direkten Vergleich in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Das doppelte Gelenk der Paarhufer (Abb. 20b und c) entsteht, weil jeweils zwei seitliche Knochen miteinander verschmolzen sind. Beim Unpaarhufer ist am unteren Ende des Mittelfußknochens nur eine einzelne Gelenkrolle zu sehen (Abb. 20a). Alle drei gezeigten Beispiele stammen von ausgestorbenen Tieren aus der letzten Eiszeit.

    Obwohl der Oberarmknochen (Humerus) vom Maulwurf dem an gleicher Stelle sitzenden Knochen anderer Säugetiere wie etwa Hund, Pferd oder Wal homolog ist, sieht er doch recht verschieden aus. Wie ein Kreuzschlüssel geformt ist er notwendig für die Grabarbeiten dieses Insektenfressers, die besonders durch die Vorderbeine bewerkstelligt werden (Abb. 21).

    Literatur dazu:

  • von Königswald W, 2002, Lebendige Eiszeit, Theiss
  • Abbildung 20
    Abbildung 20: (a) Pferd, Equus ferus, Unpaarhufer (26 cm, (a‘): Vergrößerung des unteren Gelenkendes), (b) Steppenbison, Bison priscus, Paarhufer (27 cm, (b‘): Vergrößerung des unteren Gelenkendes), (c): Riesenhirsch, Megaloceros giganteus, Paarhufer (37 cm). Alle beschriebenen Mittelfußknochen stammen von ausgestorbenen Tieren aus der letzten Eiszeit (Pleistozän).
    Abbildung 21
    Abbildung 21: Zwei Oberarmknochen des gleichen Maulwurfs, von unterschiedlichen Seiten fotografiert. Weißer Balken: 0.5cm
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    Der Goethe-Knochen

    Was ist und wo befindet sich der „Goethe-Knochen“ im Skelett?

    Das Zwischenkieferbein (Zwischenkieferknochen, Praemaxillare oder Goethe-Knochen) ist ein paariger Knochen des Gesichtsschädels und grenzt an das Nasenbein und den Oberkiefer. Beim Menschen verwächst dieser Knochen schon vor der Geburt mit dem Oberkiefer und wird daher nicht als eigener Knochen beim Erwachsenen aufgeführt. Bei den übrigen Säugetieren bleibt die Naht zum Oberkieferbein lange sichtbar.

    Das bei Tieren bereits bekannte und bei Paarhufern gut abgrenzbare Zwischenkieferbein wurde 1784 im Anatomie-Turm in Jena von Johann Wolfgang von Goethe und Justus Christian von Loder auch beim Menschen an Schädeln von Embryos nachgewiesen und lieferte ein wichtiges Indiz für die Verwandtschaft zwischen Tier und Mensch und somit für die Evolutionstheorie. Auch heute noch wird der Goethe-Knochen in Anatomie-Vorlesungen daher immer noch erwähnt.

    In der Abbildung unten sind die paarigen Prämaxillaren beim Rothirsch mit dem blauen Pfeil markiert. Leute, die wie ich Tierschädel zur Präparation abkochen, „nerven“ diese Knochen oft, weil sie sich gerade bei Jungtieren nicht selten ablösen und manchmal bei Unachtsamkeit verlorengehen, oder in getrocknetem Zustand abbrechen, aber problemlos wieder angeklebt werden können.

    Literatur und Quellen:

  • https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/531125
  • Salomon F-V: Knöchernes Skelett. In: Salomon F-V et al.. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag, Stuttgart 2004, S. 37-110.
  • Peyer B: Goethes Wirbeltheorie des Schädels. In: Neujahrsblatt herausgegeben von der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich auf das Jahr 1950, S. 28. Kommissionsverlag Gebr. Fretz AG, Zürich 1950.
  • Abbildung 22
    Abbildung 22: Zwischenkieferbein bzw. Praemaxillare oder „Goethe-Knochen“, mit blauen Pfeilen eingezeichnet in dem Schädel eines Rothirsches (Cervus elaphus).
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    Gehörknochen beim Wal, Cetolith / Bulla tympanica

    Als Cetolithen werden fossile Überreste der Ohrkapsel, oder Bruchstücke derselben, wie die „Bulla tympanica“, von Walen, genannt. Diese sind aufgrund des spezifischen Aufbaus des Walschädels mit dem Schädel selbst nur locker verbunden und lösen sich bei der Fossilisation von ihm, entsprechend werden sie häufig als isolierte Knochenreste gefunden.
    (Quelle (leicht verändert): https://www.bionity.com/de/lexikon/Cetolith.html.

    Literatur dazu:

  • Günther Behrmann (1999): Die Ohrplakode der Cetaceen und ihre Derivate, Nordseemuseum Bremerhaven.
  • Yamada M (1953): Contribution to the Anatomy of the Organ of Hearing of Whales, Sci. Rep. Whales Res. Inst., 8.
  • Eric G Ecdale (2011): The Comparative Osteology of the Petrotympanic Complex (Ear Region) of Extant Baleen Whales (Cetacea:Mysticeti), PLoS ONE, 6/6.
  • Abbildung 23
    Abbildung 23: Bulla tympanica eines ausgestorbenen Wals aus Florida, USA.
    Der versteinerte Knochen stammt aus dem Pleistozän, ist also ca.1 Mio Jahre alt.
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    Knochenflöten

    Flöten, vom Lateinischen „flatare“ für „kontinuierlich blasen“, sind Musikinstrumente, bei denen ein Luftstrom über eine Kante (Schneide) geführt wird, an der die Luft in Schwingung gerät und damit ein Ton erzeugt wird. Flöten sind heute meist aus Holz oder Metall (oder auch aus Plastik) und haben ein gerades Flötenrohr, was unterschiedlich lang sein kann. Für dieses Flötenrohr, welches hohl sein muß, sind natürlich hervorragend auch Röhrenknochen geeignet. Bei Säugetieren muss die Knochensubstanz im Inneren noch herausgeschabt werden, Vogelknochen sind an sich schon so gut wie hohl.

    Der Beweis, dass auch schon Frühmenschen vor mehr als 35.000 Jahren Musik als kulturelle Form der Mitteilung entdeckt haben, stammt von Ausgrabungen im „Geißenklösterle“, einer Höhle bei Blaubeuren in der Schwäbischen Alb, wo unter anderem eine Flöte gefunden wurde, die aus dem Radius (Speiche) eines Singschwanes mit drei Lochungen gefertigt wurde (Abb 24 A; Hahn & Mützel, 1995). Diese Flöte wurde auf ca. 36.800 Jahre bestimmt und zählt damit zu den ältesten je gefundenen Musikinstrumenten. Auf einer Rekonstruktion dieser Knochenflöte spielte Friedrich Seeberger, ein leider bereits verstorbener „experimenteller Archäologe“, und gibt damit eine Vorstellung, wie dieses älteste gefundene Instrument geklungen haben mag (https://www.windkanal.de/die-aeltesten-floeten-der-welt).

    Edith Exo aus Hamelwördenermoor ist eine Künstlerin, die, seit vielen Jahren von den ungewöhnlichen Knochenflöten als Musikinstrument fasziniert ist und sich intensiv dem Bau der Flöten aus Knochen widmet. Auf Ihrer Website beschreibt sie ausführlich die Herstellung von Knochenflöten (http://knochenfloeten.de/herstellung.html), wozu sie hauptsächlich Beinknochen von Schaf, Ziege oder Reh und Flügelknochen von Gans oder Schwan verwendet. Sie bietet verschiedenste Knochenflöten auch zum Verkauf an und Klangbeispiele der einzelnen Instrumente können auf ihrer Website angehört werden (http://knochenfloeten.de/archiv/angebot.html). Eine Auswahl ihrer Knochenflöten ist in Abb. 24, B-E, zusammengestellt.

    Literatur zum Thema:

  • Conard N et al., 2015, Eiszeitarchäologie auf der Schwäbischen Alb, S. 111ff „Frühe Musikinstrumente“
  • Hahn J & S. Mützel, 1995, Knochenflöten aus dem Aurignacien des Geißemklösterle bei Blaubeuren, Alb-Donau-Kreis. Fundberichte aus Baden-Württemberg 3, 51-75.
  • Seeberger F, 2002, Steinzeit selbst erleben! Waffen, Schmuck und Instrumente – nachgebaut und ausprobiert.
  • „Website von Edith Exo“
  • https://www.windkanal.de/die-aeltesten-floeten-der-welt
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Flöte
  • Abbildung 24
    Abbildung 24: (A): Knochenflöte, aus dem Radius eines Singschwanes, ca. 36.800 Jahre alt, Länge 12,6 cm, gefunden im Geißenklösterle bei Blaubeuren, Deutschland. © Hilde Jensen, Uni Tübingen, vielen Dank auch an Prof. N. Conard für die freundliche Erlaubnis, dieses Foto hier zeigen zu dürfen. (B): Knochen vom Reh, 11cm. (C): Knochen vom Schwan, 22cm. (D): Knochen vom Steinbock, 15cm. (E): Knochen vom Schaf, 19cm. Fotos (B) bis (E): © Edith Exo, www.knochenfloeten.de
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    Schädel von Moorleichen mit Haaren

    Bei Funden in Mooren hat man aufgrund des sauren Milieus und der Abschirmung von Sauerstoff außerordentlich gut erhaltene Leichen bergen können. Und auch wenn „nur“ die gut erhaltenen Schädel gefunden wurden, waren oft die Haare extrem gut konserviert. Zwei Beispiele sind hier zu sehen, einmal der Schädel vom „Mann von Osterby“, einer Moorleiche aus dem Köhlmoor, südöstlich von Osterby bei Eckernförde. Auffälligstes Merkmal des Kopfes ist die Frisur mit den gut erhaltenen Haaren, die über der rechten Schläfe zu einem sogenannten Suebenknoten gebunden sind (Abb. 25(a)).

    In Abb 25(b) ist der Schädelknochen des „Bocksten-Mannes“ zu sehen, von dem Überreste in einem Moor in der Gemeinde Varberg in Schweden gefunden wurden. Es ist einer der am besten erhaltenen Funde in Europa aus dieser Zeit. Der Mann war getötet und auf den Grund eines Sees gestoßen worden, der später zu einem Moor wurde. Auch bei diesem Schädel sind die Haare sehr gut erhalten worden.

    Literatur zum Thema:

  • https://www.wikiwand.com/de/Mann_von_Osterby
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Moorleichen
  • Thomas Brock, 2009, „Moorleichen – Zeugen vergangener Jahrtausende, WBG
  • Abbildung 25
    Abbildung 25: (a) Schädel vom „Mann von Osterby“, mit gut erhaltenen Haaren, die zu einem Suebenknoten gebunden sind. ©: CC BY-SA 3.0, by Bullenwächter – Eigenes Werk. (b) Dieser Schädel stammt vom „Bocksten-Mann“, von dem Überreste in einem Moor in Schweden gefunden wurden, ebenfalls mit sehr gut erhaltenen Haaren. ©: Creative Commons Attribution 2.0 Generic, by Notwist.
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    Reliquien

    Seit dem frühen Christentum wurden sterbliche Überreste Heiliger oder Seeliger von gläubigen Christen verehrt. Das können Gegenstände sein, die in das unmittelbare Lebensumfeld der Heiligen gehörten, aber auch Knochen in Form von Schädeln oder ganzen Skeletten (ex ossibus = aus den Knochen), bis hin zu Knochensplittern, die in Form von kleinen Medaillenanhänger aufbewahrt und verehrt wurden und werden.

    Rund um Reliquien gab es über viele Jahrhunderte ständig kriminelle Aktivitäten verschiedenster Art. Fälschungen waren sehr üblich, so daß mit Echtheitsnachweis der Hl Stephanus 13 Arme und der Apostel Andreas sogar 17 Arme zu besitzen schien. Der „Kampf um Reliquien“ ging so weit, daß, um sicher zu sein, daß es sich wirklich um „echte“ Reliquien handelt, „vorgesehene Heilige“ um ihr Leben fürchten mussten, bzw. daß der frische Leichnam eines Heiligen geschützt werden musste, damit er nicht gestohlen wurde, was trotzdem manchmal geschah. Beispiele dafür sind im Buch von Horst Herrmann sehr schön dokumentiert.

    Spektakulär in den letzten Jahren war die Auffindung von Knochenreliquien von Petrus, dem ersten Papst, die laut Vatikan als authentisch eingestuft worden sind:

    https://restkerk.net/2019/07/03/bergoglio-geeft-de-relieken-van-st-petrus-weg-aan-de-schismatieke-patriarch-van-constantinopel
    http://anne.xobor.de/blog-e110228-Bergoglio-uebergibt-die-Reliquien-des-heiligen-Petrus-an-den-schismatischen-quot-Patriarchen-von-Konstantinopel-quot.html

    Literatur zum Thema:

  • A. Läpple, 1990, Reliquien, Verehrung – Geschichte – Kunst, Pattloch Verlag.
  • H. Herrmann, 2003, Lexikon der kuriosesten Reliquien – Rütten & Loening
  • Abbildung 26
    Abbildung 26: Die Reliquien des heiligen Ivo werden in der Kathedrale von Tréguier in einem vergoldeten Schrein aufbewahrt. Ivo Hélory von Kermartin starb am 19. Mai 1303 in der Bretagne, gilt heute als bretonischer Nationalheiliger und ist der Schutzpatron der Juristen und Richter.
    Abbildung 27
    Abbildung 27: Ein Medaillenanhänger mit einem Knochensplitter von Artemide Zatti (geboren 1880 in Boretto; gestorben am 5. März 1951 in Viedma, Río Negro). Zatti war ein italienischer Salesianer Don Boscos und Missionar in Argentinien. 1976 eröffnete die argentinische Bischofskonferenz den Kanonisationsprozess, 1980 wurde er zum Diener Gottes, am 17. Juli 1997 für Venerabile (verehrungswürdig) erklärt. Am 14. April 2002 wurde er durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
    Abbildung 28
    Abbildung 28: Heiliger Pankratius in der Nikolauskirche in Wil, Schweiz. Sicherlich einer der schönsten und spektakulärsten Katakombenheiligen in ganz Europa!

    Literatur zum Hl. Pankratius:

  • https://hallowil.ch/st-pankratius-der-heilige-wiler-helfer-in-schwieriger-zeit.html
  • Abbildung 29
    Abbildung 29: Verglaste Grabmale in der Benediktinerabtei in Ottobeuren, in denen die Gebeine von Katakomben-Heiligen aus Rom zu sehen sind. Diese Heiligen wurden für Märtyrer aus den ersten Jahrhunderten nach Christus gehalten und werden in vielen Kirchen in Bayern, der Schweiz und Österreich, geschmückt mit edlen Stoffen und Edelsteinen, zur Verehrung dem frommen Volk gezeigt.
    Abbildung 30
    Abbildung 30: In der Münchener Peterskirche ist ebenfalls eine Ganzkörperreliquie, diesmal von der Heiligen Munditia zu sehen, eine Katakomben-Heilige, deren Skelett von einer Vielzahl von Edelsteinen geschmückt ist. Munditia gilt als Patronin der Witwen und alleinstehenden Frauen.
    Abbildung 31
    Abbildung 31: Der Heilige Rasso (auch Graf Rasso oder St. Grafrath genannt) in der Wallfahrtskirche zu St. Grafrath, ist offiziell von der Kirche nie selig oder heilig gesprochen worden. Er wird aber seit dem 15. Jahrhundert für mehr als 12.000 Wunder verantwortlich gemacht, die detailliert aufgelistet und dokumentiert worden sind. Viele Beispiele sind in dem Buch von Ernst Meßmer (2004) zu erlesen. Hauptsächlich hilft Rasso, so heißt es, bei Unterleibsschmerzen, wenn man ihn um Hilfe bittet.
    Abbildung 32
    Abbildung 32 zeigt in (A) das geschmückte Haupt des Hl. Victoris in der Jesuitenkirche in Mindelheim, in (C) den Schädel von S. Coelestin im Stift Ranshofen in Braunau am Inn, Österreich. Im Gegensatz zu den beiden gerade beschriebenen Katakomben-Heiligen, handelt es sich bei dem kleinen Knochen in der Monstranz in (B) um die Relique der Hl. Crescentia im Kloster Irsee, geboren als Anna Höß, 1682-1744, welche als Nonne lebte und dann 2001 heiliggesprochen wurde, als erste deutsche Heilige des 21. Jahrhunderts.

    Buchtipp:

    Das Buch „Heilige Körper“ von Urs Amacher, 2016, Knapp-Verlag, bezieht sich inhaltlich hauptsächlich auf die elf Katakombenheiligen des Kanton Solothurns in der Schweiz, beschreibt in seiner Einleitung aber sehr ausführlich, objektiv und kritisch die Geschichte der Katakomben-Heiligen im 17. und 18. Jahrhundert. Sehr empfehlenswertes Werk!

    Abbildung 33

    Engelmar wurde im 11. Jh. in Oberösterreich als Bauernsohn geboren, suchte aber das Leben eines Eremiten. Er heilte Tiere, war sehr fromm und sehr beliebt bei den Bauern. Von einem Neider wurde er dann aber hinterrücks mit einem Beil erschlagen. Erst zu Pfingsten nach dem Tauen des Schnees wurde sein Leichnam gefunden und im Tal beerdigt. Über seinem Grab wurde 1131 eine „steinerne Kirche“ erbaut, und der Ort Sankt Englmar entwickelte sich zum Wallfahrtsort. Bauern verehren Engelmar noch heute als Patron für gute Ernte und gegen Viehseuchen. In einem gläsernen Sarg im Hochaltar sind die Reliquien des seligen Engelmar zu sehen.

  • Literatur zu Engelmar: Sankt Englmar, 2019, PEDA-Kunstführer Nr. 1042, Kunstverlag Peda Gregor e.K.
  • Abbildung 34
    Abbildung 34: Reliquien des seligen Engelmar in der Pfarrkirche in Sankt Englmar im Bayerischen Wald. Die Unterschiede im Namen des Eremiten und der Kirche/des Ortes sind kein Schreibfehler!

    Literatur zum Thema:

  • P. Koudounaris, 2013, „Heavenly Bodies – Cult Treasures & Pectacular Saints from the Catacombs“, Thames & Hudson.
  • A. Läpple, 1990, „Reliquien – Verehrung Geschichte Kunst“, Pattloch Verlag
  • Literatur zum Heiligen Rasso: Ernst Meßmer, 2004, Das wundersame Grab von Graf Rasso, EOS Verlag
  • https://www.heiligenlexikon.de/BiographienR/Rasso_von_Andechs.html
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    Katakomben von Paris

    Als Katakomben von Paris werden die ehemaligen unterirdischen Steinbrüche unter der französischen Hauptstadt bezeichnet. Ein Teil davon wurde als unterirdisches Beinhaus benutzt, welches ab 1785 im Zuge der Schließung vieler Pariser Pfarrfriedhöfe in den Steinbrüchen angelegt wurde. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Gebeine von etwa sechs Millionen Pariser Einwohnern in die Katakomben überführt worden

    Abbildung 35
    Abbildung 35: Eindrücke aus den Katakomben von Paris, in denen Millionen von Schädeln und andere Knochen untergebracht sind. Ein Teil dieser Gänge kann als Art Museum von Besuchern besichtigt werden.
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    Die Goldene Kammer in Köln

    Das wohl größte Beinhaus nördlich der Alpen befindet sich in der Kirche St. Ursula in Köln. Es wird als „Goldene Kammer“ bezeichnet und beinhaltet neben einigen Büsten die Schädel und Knochen von angeblich 11.000 Jungfrauen, als Märtyrer von den Hunnen ermordet und geborgen aus einem römischen Gräberfeld, die zur Gefolgschaft der Hl. Ursula gehören sollen und deren Knochen wohlgeordnet an den Wänden des Beinhauses angebracht worden sind. Es stellte sich später jedoch heraus, dass durch einen Schreibfehler lediglich 11 (!) und nicht 11.000 Jungfrauen der Hl. Ursula als Gefolge zur Verfügung standen, aber die Knochen waren als Reliquien bereits Teil der Beinkammer. Auch Ursula selbst, die im 4. Jh. lebte, wurde von den Hunnen ermordet und wird seit dem 6. Jh. als Märtyrerin und Heilige verehrt und ist heute die Stadtpatronin Kölns. Die Goldene Kammer wurde auch als „am besten angeordnetes Ossuarium der Welt“ bezeichnet.

    Literatur zum Thema:

  • https://www.sueddeutsche.de/reise/koeln-goldene-kammer-kirche-beinhaus-1.4658885
  • Paul Koudounaris, 2014, „Im Reich der Toten“, h.f.ullmann Verlag
  • Abbildung 36
    In Abbildung 36 sind mehrere Impressionen der Goldenen Kammer in Köln zu sehen. Der Schädel (unten Mitte) gehörte wohl einer der Jungfrauen im Gefolge der Hl. Ursula. Die Knochen unten rechts sind, zweifellos, wie man mir versicherte, Schädel-Fragmente der Hl. Ursula selber.
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    Beinhaus in Hallstatt und seine kunstvoll bemalten Schädel

    Das bestimmt schönste Beinhaus Österreichs befindet sich in Hallstatt im Salzkammergut in der dortigen Michaelskapelle neben der katholischen Pfarrkirche. Die Kapelle stammt aus dem 12. Jahrhundert und aufbewahrt werden dort mehr als 1200 menschliche Schädel, wovon etwa 600 kunstvoll bemalt worden sind. Auf den Totenköpfen sind Namen oder Initialen von Verstorbenen, sowie Ornamente, meist in Form von Kreuz, Kranz, Blumen, Efeublättern, Eichenlaub oder Oleander zu sehen, je nachdem, ob der Schädel von einem Mann oder einer Frau stammt, und wann genau er dekoriert wurde. In der Regel wurden die Verstorbenen mindestens 10 Jahre im Grab belassen, um dann in einer zweiten Zeremonie nach Reinigung, Bleichen in der Sonne und Bemalung der Knochen, in die Kapelle feierlich überführt zu werden. Vermutlich hat ursprünglich akuter Platzmangel auf dem Hallstätter Friedhof zu dieser Wiederverwendung der Gräber geführt. Diese Tradition, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts in den Alpenregionen in Österreich bekannt ist, lebt in Hallstatt bis heute weiter, übrigens unabhängig davon, ob die Schädel von Katholiken oder Protestanten stammen. Allerdings sorgen die mehr und mehr populär werdenden Feuerbestattungen dafür, dass der vorerst letzte Schädel 1986 bemalt wurde. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass weitere Schädel bemalt und in das Beinhaus gebracht werden.

    Literatur zum Thema:

  • https://www.hallstatt.net/ueber-hallstatt/sehenswertes/katholische-pfarrkirche-hallstatt/beinhaus-hallstatt
  • https://www.itinari.com/de/painted-skulls-in-hallstatt-s-charnel-house-txxw
  • https://austria-forum.org/af/Heimatlexikon/Beinhaus_Hallstatt
  • https://www.idam.at/downloadbereich/forschungsthemen/anthropologie/
  • https://www.menschen-reisen abenteuer.de/index.php/reiseberichte/europa/oesterreich/384-tief-im-herzen-ewiger-finsternis
  • Abbildung 37
    Abbilding 37: Replikat eines typisch bemalten Schädels, welcher von einem Mann aus Hallstatt hätte stammen können (hergestellt von artskulls-london), von vorne und von der Seite.

    Abbildung 38
    Abbildung 38: Original-Michaeliskapelle (B, C) in Hallstatt neben der katholischen Kirche (A). Hier werden mehr als 600 kunstvoll bemalte menschliche Schädel aufbewahrt. Fotos vom Innenraum für diese Website wurden mir leider untersagt. Über die Links, die oben bei „Literatur zum Thema“ angegeben sind, bekommt man aber trotzdem einen Eindruck.

    Im Juni 2022 hatte ich die große Freude, mit Prof. Friedrich Idam, dem letzten Bemaler der Hallstätter Schädel persönlich zu sprechen. Friedrich Idam hat in den 1980er Jahren für mehrere Jahre als Totengräber in Hallstatt gearbeitet, nachdem er davor eine künstlerische Ausbildung absolviert hatte. Dieses Gespräch, in Form eines Interviews, wurde aufgezeichnet und kann als Podcast angehört werden. Es verrät seht viele Details über die Schädelkunst in Hallstatt, die so bisher nicht veröffentlicht worden sind.

    Abbildung 39
    Abbilding 39: Der in Hallstatt wohnende und bereits verstorbene Heinrich Kirchschlager bei seiner Arbeit als Schädelmaler. Zu sehen sind Szenen-Ausschnitte aus einer Produktion des ORF über Kirchschlager´s Kunst, aus dem Jahr 1969.

    Abbildung 40
    Abbildung 40: Friedrich Idam, der letzte Schädelmaler von Hallstatt, beim Bemalen von Schädeln in verschiedenen Jahren. Das farbige Foto rechts stammt aus dem Jahre 1983.

    Podcast mit Prof. Friedrich Idam, dem letzten Schädelmaler von Hallstatt, aus dem Jahre 2022



    Abbildung 41
    Abbildung 41: Postkarte vom Beinhaus in Hallstatt von 1959

    Bemerkenswert fand ich, was ich in dem Buch von Paul Koudounaris, 2014, „Im Reich der Toten“, gelesen habe, daß nämlich „im 19. Jahrhundert die Erwachsenen ihre Kinder zum Beinhaus mitnahmen, um ihnen die Schädel ihrer Vorfahren zu zeigen und sie so mit ihrer eigenen Familiengeschichte bekannt zu machen.“

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    Die Knochenkirche in Sedlec bei Prag in Tschechien

    Das Beinhaus Sedlec (tschechisch: Kostnice Sedlec) ist ein spektakuläres Ossarium in Sedlec, einem Ortsteil von Kutná Hora (Kuttenberg), etwa 70 km östlich von Prag in Tschechien. Es befindet sich im Untergeschoss der Allerheiligenkirche auf dem Sedletzer Friedhof. Berühmtheit erlangten Kirche und Beinhaus durch die Aufbewahrung von rund 40.000 menschlichen Skeletten, wovon die Knochen von etwa 10.000 Menschen künstlerisch verarbeitet wurden, um Dekorationen und Einrichtungsgegenstände für das Kirchengebäude zu formen.

    Abb. 43 (C) zeigt eine praktizierende Voodoo-Priesterin bei einer Erntedank-Zeremonie am Mississippi in New Orleans, bei der ich durch einen glücklichen Zufall beiwohnen durfte (keine Touristen-Veranstaltung !). Im Jahr 1998, als diese Aufnahme entstand, war sie wohl die einzig praktizierende Voodoo-Priesterin, so sagte man mir jedenfalls.

    Literatur zum Thema:

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Beinhaus_SedlecX (2023)
  • Paul Koudounaris, 2014, „Im Reich der Toten“, h.f.ullmann Verlag
  • Abbildung 42
    Abbildung 42: Allerheiligenkirche in Sedletz / Tschechen. (A) Ansicht von außen. Zusammenstellung von monumentalen „Knochen-Collagen“ innerhalb der Kirche aus menschlichen Knochen und Schädeln, wie einem Kelch (B), dem Wappen der Familie Schwarzenberg (C) und in (D) Details aus diesem Wappen. Quellen und Rechte: Wikipedia; (A) und (D): gemeinfrei, (B): CC BY-SA 2.0 und (S): CC BY 2.0.
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    New Orleans in den USA, die Voodoo Metropole

    Voodoo ist nicht, wie meist angenommen, eine böse Form von Zauber, der, dargestellt wie in vielen Fantasy-Filmen, vor allem als Möglichkeit genutzt werden kann, anderen Schmerz und mehr zuzufügen, sondern eine Form der Religion, die ursprünglich aus Westafrika stammt und durch die Sklaverei in die Karibik und auch bis in die Südstaaten der USA verbreitet wurde. New Orleans ist ein wichtiges Zentrum von Voodoo in den USA. Berühmt, aber auch ominös war die berüchtigte Voodoo-Queen Marie Laveau im 19. Jh. (Abb 43 (E)), die auf einem der dortigen Friedhöfe (St Louis Cemetary) begraben liegt (Abb 43 (G)). Sie lebte ungewöhnlich lang, weswegen man denkt, dass ihre Tochter, die ihr sehr ähnlich gesehen haben soll, ihre Aufgabe übernommen hat und weiter als Marie Laveau in Erscheinung trat. Den besonderen Zauber des Voodoo, der selbstverständlich wirklich existieren soll, kann als starker Wunsch durch Zeichnen von 3 Kreuzen auf dem Grab der Voodoo-Queen begünstigt werden (Abb 43 (G)). Tritt der Wunsch ein, müssen die 3 Kreuze aber wieder durchgestrichen werden, sonst wird einem das Gewünschte 3-fach genommen. Tragischerweise sind am Grab durchstrichene Kreuze selten anzutreffen. Unter Umständen mit den angedeuteten Konsequenzen...

    Abb. 43 (C) zeigt eine praktizierende Voodoo-Priesterin bei einer Erntedank-Zeremonie am Mississippi in New Orleans, bei der ich durch einen glücklichen Zufall beiwohnen durfte (keine Touristen-Veranstaltung !). Im Jahr 1998, als diese Aufnahme entstand, war sie wohl die einzig praktizierende Voodoo-Priesterin, so sagte man mir jedenfalls.

    Bei Voodoo spielen selbstverständlich auch Schädel bei verschiedensten Zeremonien eine wichtige Rolle. Abb. 43 (A und D) zeigt menschliche Schädel-Knochen, zusammen mit Extremitäten-Knochen, aber auch ein bemalter Pferdeschädel (Abb 43 (B)), aufbewahrt im lokalen Voodoo Museum in New Orleans. Solche Knochen sind außerdem Bestandteile von Voodoo-Altären (Abb. 43 (F)), die bei Ritualen eine eminente Rolle spielen.

    Abbildung 43
    Abbildung 43: Foto-Collage aus Voodoo-assoziierten Themen in New Orleans, aus dem Jahre 1998, Erklärungen, siehe Text. (A) und (D) zeigen menschliche Schädel und Knochen, (B) einen bemalten Pferdeschädel, im Voodoo-Museum als wichtige Bestandteile eines Voodoo-Altars (F). Marie Laveau war wohl die berühmteste Voodoo Queen (E) in New Orleans, begraben aus dem „St Louis Cemetary (G). Noch heute praktizieren Voodoo Priesterinnen in New Orleans (C), hier bei einer Erntedank-Zeremonie.

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    Totenköpfe auf Grabplatten und Denkmälern

    Totenschädel in verschiedenen Variationen werden oft kunstvoll auf Grabplatten und Denkmälern auf Friedhöfen dargestellt. Hier eine kleine Collage verschiedener, besonders beindruckender Beispiele.

    Abbildung 44
    Abbildung 44: Totenschädel, kunstvoll dargestellt auf Grabplatten und Denkmälern, eine Auswahl.

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    Totentänze

    Menschliche Skelette symbolisieren in der Kunst oft auch direkt den Tod. In Totentänzen, die im 14. Jahrhundert aufkamen, wird der Einfluß und die Macht des Todes auf das Leben von Menschen künstlerisch dargestellt. In den bildlichen Darstellungen wird der Tod in Form des Skelettes gezeigt, der unterschiedliche Menschen (Bettler, Mörder, Großmutter, Mutter, Kind, Künstler, Richter, Totengräber, usw., bis hin zum Papst), meist in Form eines Tanzes, unmißverständlich auffordert, ihm zu folgen.

    Auf der Website https://www.totentanz-online.de/laender/verzeichnis-dtl.php sind die bekanntesten Totentänze aufgelistet.

    Abbildung 45
    Abbildung 45: Beispiel: Totentanz in Bleibach, Schwarzwald, in der Beinhauskapelle neben der Pfarrkirche St. Georg.


    Abbildung 46
    Abbildung 46: Beispiel: Totentanz in Elbigenalp, Tirol, Österreich, in der Martinskapelle im Friedhof der Pfarrkirche. Gezeigt ist neben dem Gesamtkunstwerk die Begegnung des Todes mit dem Bürger, dem Richter, der Mutter und dem Papst (von links nach rechts.
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    3D Druck vom eigenen Schädel

    Vielleicht ist es vorstellbar, wie großartig es ist, wenn man wirklich begeistert von Schädeln ist, und wenn man dann seinen eigenen Schädel in der Hand hält! Möglich war das mit Hilfe von J.G. (Vielen Dank dafür!!!) und CT (Computer Tomographie) Aufnahmen eines Teils meines Kopfes. Der Schädel wurde vollendet mit einem „Pulverdrucker der Firma ZCorporation, Modell 310 (monochrom, Auflösung 300 dpi)“.

    Abbildung 47
    Abbildung 47: 3D Druck meines eigenen Schädels, fotografiert aus zwei Perspektiven.