Seit der Antike werden die Sprungbeine aus den Hinterbeinen von (meist) Paarhufern wie Schafen, Ziegen oder Rindern für verschiedene Geschicklichkeits- und Würfelspiele verwendet. Die Griechen nannten diese Knöchelchen astrágaloi (Singular astrágalos), die Römer nannten sie tali (Singular talus). Im Deutschen lautet die Bezeichnung des Spielknochens Astragal, Astragalos oder latinisiert Astragalus.

Abbildung 1
Abbildung 1a und b: Zwei unterschiedliche Astragali zum Glücksspiel, wahrscheinlich von Schaf oder Ziege, mit Eingravierungen aus dem 1. bis 4. Jh. nach Chr., gefunden in Griechenland. (Quelle: www.ancienttouch.com)
Abbildung 2
Abbildung 2: Alte Astragali als Spielsteine aus Griechenland und aus dem Römischen Reich. (A1-3) zeigt einen griechischen Astragalus aus dem 1. bis 4. Jh. nach Chr, aus Knochen, wahrscheinlich vom Schaf. Die gebohrten Löcher waren zum Füllen mit Blei, um den Spielknochen zu beschweren. (B1-3) zeigt eine Original-Nachbildung eines Astragali-Knochens aus Blei, aus dem späten Römischen Reich, 5. Jh. nach Chr. Darstellungen jeweils von verschiedenen Seiten.

Die ältesten Funde von Astragali als Spielsteine stammen aus der Frühzeit (um 5000 vor Chr). Dem ägyptischen Pharao Tutanchamun (regierte etwa von 1332 bis 1323 v. Chr, Abb. 3A) wurden Astragali als Teil eines Brettspiels mit in sein berühmtes Grab gelegt (Fotos davon in Abbildung 4 dargestellt.). Und auch der römische Kaiser Augustus (63 vor Chr bis 14 nach Chr, Abb. 3B) war als fanatischer Astragali-Spieler bekannt.

Abbildung 3
Abbildung 3: Darstellung des ägyptischen Pharaos Tutanchamun (A) und des römischen Kaisers Augustus (B). ©: Wikepedia, CC BY-SA 3.0 für (A) CC BY-SA 4.0 für (B).

Abb. 1-2 zeigen recht alte Exemplare, die aus dem 1. bis 4. Jh vor Chr. stammen, Abb. 5 (A), (B) und (C) stellen Replikate dar, hergestellt aus unterschiedlichen Materialien,alle aus einer Zeit vor Chr. Teilweise wurden Astragali auch verwendet, um daraus Tierfiguren, wie die in Abb. 5 (D), (E) und (F) illustrierten Äffchen zu schnitzen.

Abbildung 4
Abbildung 4: Astragali aus dem berühmten Grab des Tutanchamun (ca. 1340 v. Chr.). Die Abbildungen stammt aus dem Buch: „Tutankhamun´s Tomb Series, Editor: J.R. Harris, VII: GAME-BOXES AND ACCESSORIES FROM THE TOMB OF TUT´ANKHAMUN, by W.J. Tait, Griffith Institute, Oxford, 1982“, mit freundlicher Genehmigung von Prof. W.J. Tait und dem Griffith Institute, Oxford, UK. Die dargestellten Astragali sind gefertigt aus Harz (´resin´, no. 585), die anderen geschnitzt aus (Elefanten-) Elfenbein.
Abbildung 5
Abbildung 5: Sehr alte Astragali aus unterschiedlichen Materialien, ausgestellt im ‚Metropolitan Museum of Art‘, New York. (A) zeigt ´Omphale´, eine Gestalt der griechischen Mythologie, hergestellt aus Gabbro (Variante von Basalt), 300-30 vor Chr., Ägypten; (B) Bronze, 3. Jh nach Chr. - 2. Jh vor Chr., Römisch oder Griechisch; (C) Fayence (Keramik mit Glasur), 3. Jh vor Chr, Griechenland oder Ägypten. (D), (E) und (F) stammen von einem aus einem Knochen-Astragali geschnitzten Pavian, 300-30 vor Chr., Ägypten. Alle Fotos: `Public Domain`.

In ländlichen Gebieten Griechenlands und der Türkei wird heute noch mit Astragalen gespielt, ebenso in den islamischen Ländern des Vorderen Orients und in Zentralasien, aber auch in Frankreich. Es gibt Geschicklichkeits-, Bewegungs- und Ratespiele, Würfelspiele und allerlei Mischformen. In Argentinien spielen die Gauchos mit den Astragalen von Rindern, die mit Metall beschlagen sind und als „Taba“ bezeichnet werden (Abb. 6).

Abbildung 6
Abbildung 6: Astragalus vom Rind ((A), ca. 8.5 cm x 5.5 cm), und künstlerische Verarbeitung eines Rinder-Astragalen zum „Taba“ in Argentinien ((B), Foto: ©Romina (thanks!)), womit die Gauchos, Viehzüchter und Hirten in Argentinien, Wurfspiele veranstalten.
Abbildung 7
Abbildung 7: Metallische Astragali aus den Niederlanden, genannt „Bikkeltjes“ (ca. 2.0 cm 1.0 cm). Diese wurden für unterschiedliche Spiele verwendet, sind ca. 100 Jahre alt und wurden mit Metalldetektoren auf Äckern gefunden.

Astragalen aus Metall (z.B. Bronze oder Messing), die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen, werden in den Niederlanden und Belgien oft auf Ackerland mit Metalldetektoren gefunden (Abb. 7). Astragali wurden aber auch im Laufe der Jahrhunderte in Gold, Silber, Glas, Elfenbein (wie bereits oben erwähnt), Ton oder Holz nachgebildet.

Persönliche Geschichte:
Kennen Sie niemanden, der mit Astragali schon selber einmal gespielt hat? Ich dachte, mir geht es auch so, bis ich mit einer Freundin im Rheinland auf das Thema zu sprechen kam, und sie mir erzählte, dass ihre Mutter sie und ihre beiden Schwestern als Kinder wohl aufgefordert hat, mit metallischen Astragali-Nachbildungen Geschicklichkeitsspiele in verschiedenen Variationen auszuprobieren. Die Mutter ist Französin, in der Bretagne aufgewachsen, und hat selbst schon als Kind mit den „richtig“ knöchernen Astragali gespielt, und das in der Schule auf dem Pausenhof, und zuhause mit ihren Cousins. Ihre Ambitionen, den Kindern das Spiel mit den metallischen Varianten, im Französischen „Osselets“ genannt, beizubringen, lag vor allem in der Idee, Traditionen aus ihrer Kindheit in Frankreich an ihre eigenen Kinder weiterzugeben.

Astragali wurden auch in Form von Gewichten künstlerisch dargestellt, wie das in Abb. 8 (A) dargestellte griechische Exemplar aus dem 5. Jh v. Chr. Das Foto wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Louvre in Paris, wo das Bronze-Kunstwerk (27,5cm x 39cm x 24,5cm) auch im Original zu bewundern ist. In Abb. 8 (B) ist ein weiteres Gewicht dargestellt, welches aus Blei gefertigt wurde und ca. 930g wiegt. Es stammt ebenfalls aus Griechenland. Das Gewicht ist Eigentum des „Boston Museums of Fine Arts“, welches mir die Verwendung des Fotos hier erlaubt hat.

Abbildung 8
Abbildung 8: (A) Bronze-Gewicht in Form eines Astragalus. Photo © Musée du Louvre, Dist. RMN-Grand Palais / Etienne Revault. (B) Blei-Gewicht mit Astragus als Motiv, aus Griechenland, Alter unbekannt. Photograph © Museum of Fine Arts, Boston (# 01.8288, Square, with raised rim. On face, an astragalus, around which the letters).

Beide Objekte stammen aus Griechenland und die Fotos dürfen aus rechtlichen Gründen von dieser Website nicht kopiert werden!

Auch sonst in der Kunst wurden Astragali in unterschiedlichster Art und Weise dargestellt. Abb. 8 zeigt zwei Beispiele.
In manchen Ländern wie Georgien wird das Spiel mit Astragali geehrt, indem große Skulpturen dieser Knochen darstellt werden. Gvantsa Khetsuriani von der Stadtverwaltung in Tiflis (Senior Officer of International Relations Department) war so nett, extra Fotos für die Dokumentation auf dieser Website anzufertigen (Abb. 10). Danke dafür!!

Abbildung 9
Abbildung 9: Astragali in der Kunst, Drei Fotos links: Altes Museum Berlin, „Knöchelspielendes Mädchen“, Rom, Italien, Osthang des Caelius, Marmor, 150 nach Chr, (©ALI). Ölgemälde rechts: Jean-Baptiste-Simeon Chardin, "The Game of Knucklebones (Les Osselets)", 1734. Baltimore Museum of Art, Baltimore, USA, (The Mary Frick Jacobs Collection, BMA 1938.193). ´Public domain`.
Abbildung 10
Abbildung 10: Astragalus-Monument in Tiflis, Georgien, um das weit verbreitete Spiel mit diesen Knochen zu ehren. Fotos wurden zur Verfügung gestellt von Gvantsa Khetsuriani (Thanks!!). Die Skulptur stammt von Muraz Murvanidze und Gia Japaridze.

Die folgenden Fotos sind gedacht, die Stelle im Körper-Skelett zu zeigen, an der die Astragali zu finden sind. Für „Nicht-Geübte“ ist das manchmal schwierig und führt zu Frustrationen, wenn die Knochen trotz intensiver Suche nicht gefunden werden können.

Abbildung 11
Abbildung 11 zeigt in (A) den Astragalus im Hinterbein eines ausgestorbenen Riesenhirsches, Magalocerus, im Jagd- und Fischerei-Museum München, sowie in (B) die Lage der Astragali in frisch präparierten ganzen Hinterläufen von Gemsen.

Hier eine weitere Abbildung, um die Lage der Astragali zu zeigen, diesmal bei einem Reh aus dem Schwarzwald. Abb. 12 zeigt ein Hinterbein vom Reh, bei dem die Astragali schön zu erkennen sind, in Abb. 13 sieht man eine Reihe von gereinigten und gebleichten Astragali vom Reh.

Abbildung 12
Abbildung 12: Astragalus in anatomisch korrekter Lage am Beispiel eines Hinterbeins von einem Reh aus dem Schwarzwald, *: Astragalus.
Abbildung 13
Abbildung 13: Astragali vom Reh (ca. 3 cm x 2 cm).

Da Astragali sehr robust sind, findet man sehr viele dieser Knochen von ausgestorbenen Paarufern, etwa in der Nordsee, deren Knochenfunde quasi ein Bild der Steppe während der letzten Eiszeit darstellen. Abb. 14 (B) zeigt eine Auswahl von Astragali vom Steppenbison, die bei einem Hafenfest auf Texel in den Niederlanden aus dem Beifang von Fischern erworben wurden, im Vergleich zu einem entsprechendem Knochen des Amerikanischen Bisons (Abb. 14 (A))), der sich viele tausend Jahre später aus den Steppenbisons entwickelt hat.
Neben den Paarhufern findet man Astragali natürlich auch bei Unpaarhufern, wie dem Pferd (Abb. 15). Auch hier sind Exemplare der Verwandten aus der Eiszeit häufig in der Nordsee anzufinden. (Abb. 15 (B)). Astragali kann man von vielen fossilen Tieren finden, wie z.B. von ausgestorbenen Nashörnern, Mammuts, vom Höhlenlöwen und vom Hohlenbären (Abb. 16) oder auch von Robben (Abb.17).

Abbildung 14
Abbildung 14: Astragali vom Amerikanischen Bison (A, 8 cm x 5 cm), sowie von seinem ausgestorbenen Vorfahren aus der letzten Eiszeit, dem Steppenbison, Bison priscus (B, 10 cm x 6,5 cm). B. priscus lebte vor etwa 0.7 Mio bis vor 9000 Jahren.
Abbildung 15
Abbildung 15: Astragali vom Pferd ((A), rezent, ca. 6.5 cm x 6.0 cm) und fossil aus der letzten Eiszeit ((B), 7 cm x 7 cm).
Abbildung 16-1
Abbildung 16-1: Astragali von ausgestorbenen Tieren der letzten Eiszeit (Pleistozän) in Europa. (A) (Mammuthus primigenius, Wollhaarmammut) & (B) (Mammuthus meridionalis, Südmammut und Vorfahre des Wollhaarmammuts), beides Mammuts, weißer Balken: 3 cm; (C) (Coelodonta antiquitatis, Wollhaarnashorn), (D) (Stephanorhinus etruscus, Etruskisches Nashorn), beides Nashörner, weißer Balken: 3 cm; (E) (Panthera spelaea, Höhlenlöwe), (F) (Ursus spelaea, Höhlenbär), beides Fleischfresser, Carnivora, weißer Balken: jeweils 2.5 cm.
Abbildung 16-2
Abbildung 16-2
Abbildung 16-2: Astragali von (vorwiegend) ausgestorbenen Tieren der letzten Eiszeit (Pleistozän) in USA (Florida): (G) Riesenbiber (Castoroides dilophidus), (H) Riesen-Wasserschwein (Neochoerus pinckneyi), (I) Riesengürteltier (Holmesina septentrionalis), (J) Armbruster-Wolf (Canis armbrusteri), (K) Koyote (Canis latrans). Der Koyote existiert auch heute noch, mit dem gleichen Artnamen. Weißer Balken: jeweils 2.5 cm

Die Astragali in Abb. 16-2 stammen zum Teil von extrem großen Säugetieren der letzten Eiszeit in Florida / USA. Die Riesenbiber (Castoroides dilophidus) ist die größte bekannte Biberart, die bisher gefunden wurde. Auch das Riesen-Wasserschwein (Neochoerus pinckneyi) zählt zu den größten Nagetieren, die je gelebt haben. Der Armbruster-Wolf (Canis armbrusteri) war der direkte Vorfahre des Schattenwolfs (Canis dirus), der jedoch nicht in direkter Linie zum noch heute existierenden Wolf (Canis lupus) steht.

Abbildung 16-3
Abbildung 16-3 (L‘ und L‘‘, von beiden Seiten fotografiert): Astragalus von ausgestorbenen Tieren in England aus dem Eozän (55 Mio Jahren). Gefunden: Bouldnor, Hampstead, Yarmouth, Isle of Wight, England. Art: Bothriodon velaunus, ausgestorbener Paarhufer, Vorfahre der Flußpferde (4.3 cm x 2.1 cm).
Bothriodon velaunus
Darstellung von möglichem Aussehen von Bothriodon velaunus, ©: Internet, Quelle unbekannt.
Abbildung 17
Abbildung 17: Astragali von Robben, ebenfalls Fleischfresser, oder besser Fischfresser: (A) fossile Art, nicht bestimmt und (B) junger Seehund. Balken in (A) und (B): 1cm

Abbildungen 18-22 zeigen Astragali von Schweinen und weiteren, teils ungewöhnlichen Paarhufern. Abbildung 21 vergleicht die Astragali ganz unterschiedlicher rezenter und fossiler Hirsche.

Abbildung 18
Abbildung 18: Astragali von Schweinen: (A) fossiles Wildschwein aus der letzten Eiszeit, ca. 20.000 Jahre, (B) Wildschwein oder Hausschwein, gefunden in der Nordsee, ca. 1000 Jahre, (C) Hausschwein von heute; Abmessungen für (C) als Größtem: 5 cm x 3 cm, (D) rezentes Wildschwein. Schweine haben einen typischen „Knick“ in der Ausprägung des Astragalus, weswegen sie sich leicht von anderen Paarhufern unterscheiden lassen.
Abbildung 19
Abbildung 19 zeigt den Astragalus eines ausgestorbenen Schweines, ca. 2,9 cm x 1,7 cm, erkennbar wiederum an dem typischen „Knick“, aus dem Miozän, MN5, ca. 15 Mio Jahre. Der Knochen, fotografiert in verschiedenen Positionen, wurde gefunden in Aumühle bei Walda von Thomas Riederle. Spekulationen über die Gattung gehen in Richtung Hyotherium oder Conohyus. Kann jemand bei der Bestimmung helfen? Danke für das Geschenk, Thomas!
Abbildung 20
Abbildung 20: Astragali von Bison priscus (Steppenwisent) (A) und Bos primigenius (Auerochse) (B) aus den Kiesgruben aus der Nähe von Darmstadt. Vergleich dieser beiden ausgestorbenen Arten, die schwierig zu unterscheiden sind, nach Bestimmung durch Frank Menger; ca. 9-9.5 cm x 6-6.5 cm.
Abbildung 21
Abbildung 21: Astragali von fossilen (aus der letzten Eiszeit) und rezenten (heute noch existierenden) Hirschen im Vergleich: (A) Reh, rezent, 2,6 cm x 1,8 cm, (B) Damhirsch, rezent, Haustierform, (C) Rentier, fossil, (D) Rentier, rezent aus Schweden (danke Dirk H.!), (E) Rothirsch, rezent, (F) Rothirsch fossil, (G) Elch, rezent aus Schweden (danke Dirk H.!), (H) Riesenhirsch, Megaloceros, fossil, 9,0 cm x 6,8 cm.
Abbildung 22
Abbildung 22: Astragali von weiteren, eher ungewöhnlichen, rezenten Paarhufern im Vergleich: (A) Yak, (B) Gemse, 3,3 cm x 2,0 cm (der Kleinste), (C), Alpaka und (D) Wasserbüffel, 8,0 cm x 4,8 cm (der Größte). Danke alle, die mir hierbei geholfen haben!
Bestimmung von Körpergröße durch Messung von Astragali
Aus Messungen von bestimmten Längen an isolierten Astragali-Knochen kann die Gesamt-Körpergröße von Säugetieren wohl sehr akurat bestimmt werden. Wie eine Untersuchung von Takehisa Tsubamoto (2014, Acta Palaeontol. Pol. 50(2), 259) zeigt, konnte die bei lebenden Säugern ausgearbeitete Hypothese auch auf fossile Arten ausgeweitet werden und zeigt recht präzisere Daten für viele fossile Säugetiere, soweit das verifizierbar war.

In der Ordnung „Carnivora, Fleischfresser“ unter den Säugetieren haben die Astragali eine etwas andere Form, wie in der folgenden Abbildung 23 zu sehen ist. Weitere Exemplare sind auch in Abbildung 16 (E und F), sowie in Abbildung 17 zu sehen, die von ausgestorbenen Höhlenlöwen, Höhlenbären und Robben stammen. Astragali von Carnivoren werden in der Regel nicht für Würfelspiele benutzt.

Abbildung 23
Abbildung 23: Astragali von verschiedenen einheimischen Tieren der Ordnung „Carnivora“ aus Deutschland: (A) Rotfuchs, (B) Waschbär und (C) Marderhund. Außerdem sind die Sprungbeine von verschiedenen den Mardern zugehörigen Tieren zu sehen, wie (D) Iltis. (E) Hermelin, (F) Dachs, (G) Steinmarder und (H) Baummarder. Die Größe ist anhand des eingezeichneten Balkens abschätzbar.

Auch bei Primaten, also auch beim Menschen, kommen Astragali vor, liegen aber eher im hinteren Bereich der Füße (Abb. 24). Die gleichen Knochen bei Affen sind natürlich sehr ähnlich, wie etwa bei Japanmakaken, Kapuzineraffen oder Gibbons (Abb. 25).

Abbildung 24
Abbildung 24: Astragali beim Menschen ((A), Replikat, ca. 6.5 cm x 4.5 cm), (B): Zeichnungen aus altem anatomischen Buch (Quelle unbekannt), und (C): Zeichnung der Lage im Fuß (Danke Marie Lingnau!).
Abbildung 25
Abbildung 25: Jeweils zwei Astragali vom Schneeaffen, auch benannt als Rotgesichtsmakake oder Japanmakak (Macaca fuscata, (A), 2,6 cm x 1,9cm, vom Gehaupten Kapuziner (Cebus apella, (B), 1,9 cm x 1,3 cm) und vom Weißhandgibbon (Hylobates lar, (C), 2,4 cm x 1,9 cm)).

Astragali werden je nach Gegend auch „knucklebones“ oder „bikkeltjes“, bezeichnet, in abgewandelter Form auch „Jacks“ oder „Fivestones“. Als Spielsteine sind sie seit Jahrtausenden beliebt und werden auch heute noch in unterschiedlichsten Spielen verwendet.

In der Mongolei werden die Astragali als „Schagai“ bezeichnet und sind bis heute in fast allen Jurten zum Zeitvertreib zu finden. Über 120 Spielvarianten sind mit diesen teils eingefärbten Knochen bekannt. Eike Seidel´s Buch zeigt sehr anschaulich mehrere Beispiele dazu.

Die Schagai in der Mongolei werden zum Teil unterschiedlich gefärbt. Abbildung 26 zeigt Exemplare in dunkelbraun-lila (rechts) und rot-braun (Mitte) im Vergleich zu ungefärbten weißen Knochen (links). Die braune Farbe kommt durch Kochen mit Lärchenrinde zustande, je nach Intensität nimmt man mehr oder weniger von der Rinde. Im Gegensatz zu vielen gezeigten Astragali auf dieser Website, die eher „jungfräulich“ sind, wurde mit diesen Schagai wirklich intensiv gespielt!

Abbildung 26
Abbildung 26 mit mongolischen Schagais in unterschiedlichen Farben. Mit diesen Knochen wurde ausgiebig gespielt! Weißer Balken: ca. 1 cm. Danke, Eike!

Als Set von vier Schagai, meist von Schafen oder Ziegen, kann man die Knöchelchen außerdem im schönen Stoffbeutel in der Mongolei erwerben, versehen mit einer genauen Anleitung. Dieses Schriftstück erklärt, wie man nach dem Würfeln mit den Schagai daraus die Zukunft lesen kann.

Abbildung 27
Abbildung 27: Mongolisches Stoffbeutelchen mit vier Schagai und einer Anleitung zur Zukunftsdeutung
Abbildung 28
Abbildung 28: Das bekannteste und beliebsteste Spiel mit Astragali in der Mongolei ist das Legen der Schildkröte (multicolor turtle). Die Original-Verpackung aus der Mongolei ist in (A) und sämtliche Spielsteine, Astragali aus Knochen vom Schaf, ganz unterschiedlich gefärbt, in (B) zu sehen. (C) zeigt die fertig gelegte Schildkröte unter Verwendung aller Spielsteine.

Abbildung 29
Abbildung 29: Astragali werden aus Kunststoff in aller Welt als Spielsteine in unterschiedlichen Farben angeboten, bezeichnet als Osselets, Bikkeltjes, Knuckelbones oder Rainbow Jacks.

Auch in der griechischen Antike wurden Astragali zur Deutung der Zukunft als Art Orakel benutzt. Eine sehr schöne und detaillierte Anleitung dazu ist in Kostas Dervenis´ Buch zu finden. Richard Holmgren sieht Beweise dafür, dass Astragali im Nahen Osten im 1. Jh n Chr auch als Primitivgeld benutzt wurden.

Siehe zum Thema folgende Veröffentlichungen:

  • W. von Koenigswald & P.D. Gingerich, 2013, ´Fossilien´, Heft 2, „Ein Knochen zum Forschen und Spielen“, 84-90.
  • E.A. Seidel & A Tserenchuluun, 2020, „Naadam und Schagai, die Spiele der mongolischen Nomaden“, 1-78.
  • K. Dervenis, 2014, „Oracle Bones Divination“, 1-165.
  • R. Holmgren, 2014, Proceedings of the conference at the Swedish Institute in Rome, „Money on the hoof, The astragaus bone – religion, gaming and primitive money“, 212-220
  • (Text oben ergänzt mit Textstellen von „www.wikipedia.de“ und „www.palaeowerkstatt.de“)



    Die vier verschiedenen Seiten der Astragali haben unterschiedliche Namen, und ihnen wird eine unterschiedliche Punktzahl zugeordnet. Das ist wichtig zu wissen und sich zu merken, wenn man mit den Astragali spielt.

    Abbildung 30
    Abbildung 30: Die vier verschiedenen Seiten von Astragalen und die ihnen zuzuordnende Punktzahl. Schematisch links (Quelle: www.palaeowerkstatt.de), im Original rechts. Bemerkung zum „Original“ Chios: Da die Astragali im rechten und linken Hinterbein liegen, können sie seitenverkehrt erscheinen.

    Verschiedene Spielanleitungen mit Astragali kann man herunterladen bei „www.palaeowerkstatt.de“. Astragali vom Schaf können über „www.knochenarbeit.de“ sowie bei „www.palaeowerkstatt.de“ auch käuflich erworben werden!

    Eine vereinfachte Abwandlung von bekannten Würfelspielen stellt das Spiel „KnochenMAX“ dar, welches ähnlich gespielt wird, allerdings ohne Würfel, sondern mit Astragali, Sprunggelenksknochen also. Es geht darum, die MAXimale Anzahl an Punkten mit Hilfe der Astragali zu erwürfeln. Diese Variante haben sich Simon und Andreas Lingnau ausgedacht.

    Abbildung 31
    Abbildung 31: Fröhliche Runde beim Spielen von KnochenMAX mit Schafs-Astragali bei unterschiedlichen Gelegenheiten.

    Und hier steht eine kostenlose Kurzanleitung von „KnochenMAX“ zum Herunterladen zur Verfügung. (download hier)

    Diese Kurzanleiting basiert auf der wunderbaren Vorlage von Michael Boecher von www.wuerfelblog.de.

    Eine ganze Reihe von weiteren interessanten Infos zum Thema „Spielen mit Knochen“ kann es auf folgenden Websites gefunden werden, ein Besuch lohnt sich!

    www.palaeowerkstatt.com

    www.knochenarbeit.de

    Zu diesem Thema habe ich einen Artikel verfasst, der im Online-Magazin „Leitfossil.de“ (www.leitfossil.de) im März 2023 erschienen ist. Hier das pdf dieses Artikels: