Natürlich finden sich auch bei sonstigen Reptilien und Säugetieren Anomalien und pathologische Erscheinungsbilder. Nicht immer läßt sich die Ursache so klar herleiten wie bei dieser Wasserschildkröte (Abb. 1). Die Schildkröte ermahnt uns sehr eindringlich, mit unserem Plastikmüll doch sehr viel verantwortungsvoller umzugehen.

Abbildung 1
Abbildung 1: Wasserschildkröte mit verengtem Körper aufgrund Verschnürung mit einem Plastikring als heranwachsendem Tier.

Bei dem Hauskaninchen in Abb. 2, einer Aufnahme mit Hilfe der Computertomographie, sind die Schneide- und Stiftzähne des Oberkiefers unkontrolliert weitergewachsen. Die Auswirkungen können bei ähnlicher Krankheit noch wesentlich extremer sein als in dem hier gezeigten Schädel.

Abbildung 2
Abbildung 2: Hauskaninchen mit sehr langen Schneide- und Stiftzähnen im Oberkiefer (Thanks Ruud!!)

In Abbildung 3 ist ein weiteres Hauskaninchen aus verschiedenen Perspektiven zu sehen, bei dem das ungehemmte Wachstum der oberen und unteren Schneidezähne noch erheblicher fortgeschritten ist. Ursache für eine solch pathologische Form des Zahnwachstums kann der fehlende Kontakt der Zähne zueinander sein, was zu einem Stopp der zeitlebens wachsenden Zähne führen würde.

Abbildung 3
Abbildung 3: Kaninchen mit unkontrolliert wachsenden Schneidezähnen aus verschiedenen Perspektiven, (A) und (B) Oberschädel mit Unterkiefer, (C) und (D) nur der Oberschädel.

Sehr viel spektakulärer sind Mißbildungen, wie sie bei Kälbern nicht selten vorkommen. Zweiköpfige Kälber kommen in unterschiedlichsten Erscheinungsformen vor, manchmal sind die Köpfe getrennt vorhanden, innerhalb eines Tieres, manchmal sind die Köpfe mehr oder weniger verwachsen (Abb. 4 und 5). In seltenen Fällen sind beide Augen fast zu einem einzelnen zusammengeschoben, wie in Abb. 6 zu sehen ist, in 6A als Foto mit Fell, und in 6 als präparierter Schädel.

Abbildung 4
Abbildung 4: Skelett eines Kalbs mit zwei Köpfen (Thanks, Jay Villemarette!!)
Abbildung 5
Abbildung 5: Kalb mit zusammen gewachsenen Köpfen, (A) als Skelett und (B) als Hautprärarat (Thanks, Jay Villemarette!!)
Abbildung 6
Abbildung 6: Kalb mit fast zusammen gewachsenen Augen, (A) als Foto vor der Präparation und (B) als Schädel des gleichen Tieres (Thanks, Jay Villemarette!!)

Die meisten Fotos der dargestellten Schädel und Skelette oben sind während eines Besuches im „Museum of Osteology“ in Orlando, Florida, USA, im Jahre 2017 von mir gemacht worden. Danke Jay Villemarette!!

Wenn wir an die Jagd denken, sind pathologische Ausprägungen recht häufig bei den Geweihen von Rehböcken bekannt. Rehe werden oft geschossen und als Trophäen, meist mit einem Teil des Oberschädels, gesammelt und auf einem Holzbrettchen an der Wand angebracht, ganze Schädel sind relativ selten. Die hier in Abbildung 7 gezeigten Exemplare von Rehgeweihen stammen aus unterschiedlichen Quellen aus dem süddeutschen Raum. Die Ursache der einzelnen Anomalien wurde für die sechs gezeigten Geweihe versucht zu bestimmen. (A) zeigt neben zwei normalen Stangen eine weitere kleine mit Rosenstock links, wohl eine genetische Anomalie. Am linken Rosenstock ist außerdem ein kleiner verkümmerter Ansatz erkennbar, der zu einer weiteren Geweihstange hätte führen können. Die linke Stange ist zudem, wahrscheinlich durch die „Konkurrenz“ der zusätzlichen kleinen Geweihstange, weniger imposant als die rechte. Es folgen zwei Geweihe, bei denen in (B) eine unsymmetrische starke linke Stange zusammen mit dem nach vorn Richtung Auge verzogenen Rosenstock zu sehen ist, und in (C) die rechte Stange nach unten geknickt wurde und wieder angewachsen ist. (B) und (C) liegen also sicherlich mechanische Verletzungen im Leben der Rehböcke zugrunde. Bei (D) ist die linke Stange nach hinten abgeknickt, ebenfalls also durch ein traumatisches Erlebnis. Die rechte Stange hingegen zeigt im Ganzen einen sehr geraden Verlauf mit nur kurzen Verzweigungen, so dass bei diesem Tier zusätzlich noch ernährungsbedingte Probleme aufgetreten sein könnten. Die zuletzt genannte Beobachtung ist allerdings nur schwach ausgebildet. (D) und (F) sind typische „Korkenzieher-Geweihe“, was ursächlich auf eine Stoffwechselstörung, z.B. durch einen Endoparasiten-Befall, hindeutet.

Da kein Pathologe die Geweihe in der Hand hatte, sind die Ursachen nach bestem Wissen mit Hilfe der unten angegebenen Literatur, im Besonderen mit den Büchern von Francois und Scherer, bestimmt worden.

Literatur zum Thema:

Abbildung 7
Abbildung 7: Pathologische Anomalien bei Geweihen von Rehböcken (A) - (F). Erklärungsversuche zur Ursache, siehe Text.
Abbildung 8
Abbildung 8: Reh mit einzelner Geweihstange auf der Stirn. Sieht spektakulär aus, stellte sich aber leider bei Nachfrage beim „Herstellers“ nur als Fake heraus, da die Trophäe künstlich zusammenmontiert wurde…

Wenn Sie mögen, unterstützen Sie mich dabei, Anomalien unterschiedlicher Reptilien und Säugetiere auf dieser Website darzustellen. Dazu kontaktieren Sie mich doch bitte, wenn Sie Tiere mit Anomalien besitzen oder Ihnen solche pathologischen Erscheinungen auffallen. Schon jetzt vielen Dank dafür!

Kontakt: skulls@fastmail.com