Die Geschichte der „Pathogänse“

Im Jahre 2013 erzählte mir eine Arbeitskollegin aus der Nähe von Freiburg, dass eine Hausgans aus ihrem Stall einen nach rechts gekrümmten Schnabel hat, und, weil der Vogel sich kaum noch ernähren konnte, getötet werden musste. Die Kollegin züchtete über Jahre eine kleine Anzahl an Gänsen, hauptsächlich für den alljährlichen „Martinsgansbraten“. Ich bekam den Kopf dieser Gans als „Kuriosität“ und habe den Schädel präpariert. Erst als fertiger Schädel ist mir die Pathologie dieser Gans richtig aufgefallen und ich habe mich geärgert, dass ich von dem Kopf mit Federn nicht vorher ein Foto gemacht habe, bzw gleich versucht habe, ein Bild der lebenden Gans zu bekommen. Später habe ich erfahren, dass ein solches Foto nie existiert hat. Einige Monate später wurde der Schädel von dem Freiburger Fotografen Martin Horsky (link) im direkten Vergleich mit einer „normalen“ Hausgans fotografiert (Abbildung 2).

Abbildung 1
Abbildung 1: Foto einer „wilden“ Graugans (Anser anser), in IJsselstein, Niederlande. Die Graugans ist die Stammform der meisten Hausgänse.
Abbildung 2
Abbildung 2: Foto der Hausgans mit pathologisch verformten Oberschnabel im Vergleich zu „normaler“ Gans, Foto und ©: Martin Horsky

2015 habe ich durch Zufall (beim Besuch der Frankfurter Buchmesse) von einer neuen Ausstellung des Senckenbergmuseums in Frankfurt am Main erfahren und den Flyer sowie das Buch zur Ausstellung dazu (Abb.3) zu Gesicht bekommen. Erstaunlich war die Ähnlichkeit des dort gezeigten Gänseschädels mit meinem selbst präparierten (ab jetzt als Gänseschädel „Baden“ bezeichnet). Nach Kontaktaufnahme mit Dr. G. Mayr vom Senckenbergmuseum, dem Kurator dieser Ausstellung, erfuhr ich, dass dieser wohl äusserst seltene Gänseschädel bereits 1673 von dem ungarischen Paläo-Ornithologen K. Lachmund beschrieben und gezeichnet worden ist (siehe Abb. 4). Der `link´ zu der Publikation von Herrn Dr. Mayr befindet sich am Ende dieses Textes. Ausserdem waren ähnliche pathologische Veränderungen vor allem bei Gänsen auch von einem Herrn Caspar Schwenckfeld im Jahr 1603 schon beschrieben worden.

Abbildung 3
Abbildung 3: Buch zur Ausstellung „Senckenbergs verborgene Schätze“, 2015.
Abbildung 4
Abbildung 4: Vergleich der verschiedenen pathologischen Gänseschädel aus gleicher (lateraler) Perspektive. (A): Schädel, veröffentlicht von Lachmund, 1673, (B); Schädel vom Senckenbergmuseum Frankfurt/Main, veröffentlicht von Mayr, 2007, (D) Schädel “Baden” aus der Sammlung Lingnau, (C): Schädel einer “normalen” Hausgans im Vergleich.
Abbildung 5
Abbildung 5: Direkter Vergleich des deformierten Gänseschädels vom Senckenbergmuseum Frankfurt/Main (A) mit dem Schädel “Baden” (B).
Abbildung 6
Abbildung 6: Darstellung des deformierten Gänseschädels „Baden“ ((B), (D) und (F)) im Vergleich zu einem normalen Gänseschädel ((A), (C) und (E)) aus verschiedenen Perspektiven, lateral: (A) und (B), dorsal: (C) und (D), ventral: (E) und (F).

Die Frage der Ursache dieser Krümmung stellt sich natürlich und ich habe eine Diskussion darüber mit Herrn Mayr vom Senckenbergmuseum begonnen. Handelt es sich um einen Unfall im Ei oder als Küken? Sind genetische Gründe dafür verantwortlich? Ich habe begonnen, verschiedene Pathologen zu kontaktieren und habe von einem befreundeten Tierarzt den Tipp bekommen, Herrn Prof. Kaleta aus Giessen zu kontaktieren. Herr Kaleta teilte meine Begeisterung für die beiden so ähnlichen pathologischen Gänseköpfe gleich von Beginn an. Wir beide sind seither auf der Suche nach der Ursache dieser „Schnabelkrümmung nach rechts“ bei der Hausgans. Herr Prof. Kaleta hat versucht, die Schädel pathologisch richtig einzuordnen und wir begannen, Pathologen, aber auch Gänsezüchter mit in die Diskussionen einzubeziehen. Außerdem haben wir unsere Gedanken zusammengefasst in einer Veröffentlichung, die bei der „online“ Zeitschrift „Veterinary History“ mittlerweile erschienen ist. Ein ´link´ dazu befindet sich am Ende dieses Textes. Vermittelt durch Herrn Prof. Kaleta habe ich zwei weitere Gänseköpfe aus einem Gänsezuchtbetrieb geschickt bekommen, ebenfalls mit deformierten Schnäbeln, die aus Wittichenau, Oberlausitz, in Sachsen stammen. Von diesen beiden Köpfen habe ich Fotos von den Köpfen vor der Schädelpräparation angefertigt (Abb. 7 und 8). Außerdem existieren Fotos der lebenden Gänse, leider in nicht sehr guter Qualität (Abb. 9). Von den Köpfen wurden des Weiteren Gewebeproben der Muskulatur entnommen, um eventuell DNA Sequenzierungen durchführen zu können, um genetische Ursachen für das Auftreten der Deformationen untersuchen zu können.

Abbildung 7
Abbildung 7: Darstellung des deformierten Gänseschädels „WP-1“ aus Wittichenau, Oberlausitz, Deutschland, im Vergleich zu einem normalen Gänseschädel. (A) zeigt den Kopf vor der Präparation, (C) den fertig präparierten Schädel von „WP-1“. (B) zeigt den Kopf vor der Präparation, (D) den fertig präparierten Schädel von der „normalen“ Hausgans.
Abbildung 8
Abbildung 8: Darstellung von zwei unterschiedlich deformierten Gänseschädeln „WP-1“ und „WP-2“ aus Wittichenau, Oberlausitz, Deutschland. (A) zeigt den Kopf vor der Präparation, (C) den fertig präparierten Schädel von „WP-1“. (B) zeigt den Kopf vor der Präparation, (D) den fertig präparierten Schädel von „WP-2“.
Abbildung 9
Abbildung 9: Vergleich der Köpfe der zwei unterschiedlich deformierten Gänseschädel „WP-1“, (A), und „WP-2“, (C), aus Wittichenau, Oberlausitz, Deutschland, vor der Schädelpräparation, mit Lebendaufnahmen kurz vor der Schlachtung ((B) bei „WP-1“ und (D) bei „WP-2“).
Hier 2 Videos nach Computertomographie-Aufnahmen der Schädel “WP-2” und “Baden”.

Vielen Dank an Sofia und Ruud, “Koustoulidou, S et al., imaged with MiLabs U-CT6 CT scanner”!!


Pathologischer Gänseschädel “WP-2”


Pathologischer Gänseschädel “Baden”

Auf einer Dienstreise in Orlando, USA, hatte ich die Möglichkeit, im „Museum of Osteology“ Jay Villemarette, den ´President` von `Skulls Unlimited International` kennenzulernen und mit ihm über die „pathogenen Gänse“ zu reden. Er erzählte mir, dass er selber ebenfalls einen solchen Schädel besitzt. Abb. 10 zeigt diesen Gänseschädel, der wiederum eine erstaunliche Ähnlichkeit zum Schädel „Baden“, zum Schädel vom Senckenbergmuseum Frankfurt/Main, und auch zum von Lachmund bereits 1673 gezeichneten Schädel aufweist (vergleiche mit Abb. 4). Witzigerweise ist der Gänseschädel “Jay” nicht nach rechts, sondern nach links gekrümmt, allerdings wiederum in ähnlichem Winkel.

Abbildung 10
Abbildung 10: Darstellung des deformierten Gänseschädels „Jay“ aus verschiedenen Perspektiven, lateral: (A), ventral: (B), dorsal: (C). Der Schädel stammt von einer Hausgans aus den USA. Nähere Umstände sind leider nicht bekannt. ©: Jay Villemarette, Museum of Osteology.

Im „Institut für Veterinär-Anatomie“ der Freien Universität Berlin war Ernst Friedrich Gurlt im 19. Jht. für die anatomische Sammlung des Instituts verantwortlich, wobei er bei der Erweiterung der Sammlung vor allem auf Fehlbildungen achtete. Aus dieser Sammlung stammt dieser Gänsekopf (Abb. 11), der wiederum eine sehr ähnliche Anomalie des Oberschnabels, wie dargestellt in Abbildungen 4-6 und Abbildung 10 oben, zeigt, mit einer Verkrümmung von 90°, diesmal nach links, zusammen mit einem Wasserkopf. Leider ist auch bei dieser Gans, die wohl aus dem Jahr 1838 stammt, nichts über die Umstände, die zu dieser pathologischen Ausbildung geführt haben können, noch über ähnliche Pathologien bei Geschwistern oder Eltern bekannt. Weitere Schnabelanomalien bei Gans und Ente aus der Gurlt‘ schen Sammlung in Berlin sind in Abbildungen 12-14 dargestellt.

Abbildung 11
Abbildung 11: Gans mit Schnabelanomalie, deutliche Krümmung des Oberschnabels nach links, und Ausbildung eines Wasserkopfs. Präparat und Foto aus der Gurlt´schen Sammlung, mit freundlicher Genehmigung des „Instituts für Veterinär-Anatomie, FU Berlin“.
Abbildung 12
Abbildung 12: Ente mit Schnabelanomalie, deutliche Krümmung des Oberschnabels nach links. Präparat und Foto aus der Gurlt´schen Sammlung, mit freundlicher Genehmigung des „Instituts für Veterinär-Anatomie, FU Berlin“
Abbildung 13
Abbildung 13: Oberschädel einer Gans, mit deutlicher Krümmung des Schnabels nach rechts. (A) von dorsal, (B) von ventral. Präparat stammt aus der Gurlt´schen Sammlung, mit freundlicher Genehmigung des „Instituts für Veterinär-Anatomie, FU Berlin“, Kat.-Nr. 1632.
Abbildung 14
Abbildung 14: Schädel einer Ente, mit massiver Verkürzung des Oberschnabels. (A) von dorsal, (B) lateral von links, (C) lateral von rechts. Präparat stammt aus der Gurlt´schen Sammlung, mit freundlicher Genehmigung des „Instituts für Veterinär-Anatomie, FU Berlin“, Kat.-Nr. 1635.

Meckelsche Sammlungen in Halle

Die Meckelschen Sammlungen des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gehören zu den wichtigsten anatomisch-pathologischen Sammlungen in Europa. Sie verfügen über ca. 8.000 medizinische und zoologische Exponate, darunter einzigartige und medizinhistorisch äußerst wertvolle Präparate, die bis ins 18. Jh. zurückgehen. Die Sammlung wurde von Johann Friedrich Meckel d. Ä. (1724-1774) in der Mitte des 18. Jh in Berlin begründet. Meckel verfügte, dass sein eigener Körper nach seinem Tod seziert und sein Skelett zusammengesetzt aufbewahrt werden solle. Es wird bis heute zusammen mit den Schädeln seines Sohnes und zweier Enkel in einem offenen Schrank in der Sammlung gezeigt.

Recherchen von Prof. Kaleta und mir haben ergeben, dass auch in der Sammlung in Halle Schnabelanomalien von Enten in der Sammlung zu finden sind und ich hatte die Gelegenheit, im Mai 2023 diese Vogelschädel vor Ort zu sehen, sie zu fotografieren und mit den oben geschriebenen Präparaten zu vergleichen.

Der Entenschädel mit Schnabelanomalie ist in Abbildung 15 im direkten Vergleich zu Gänseschädel „Baden“ (siehe Abbildungen 4-6) zu sehen. In Abbildung 16 ist der Schädel der Ente aus verschiedenen Perspektiven dargestellt.

Literatur zu den Meckelschen Sammlungen:

Abbildung 15
Abbildung 15: Entenschädel im direkten Vergleich zu Gänseschädel „Baden“, von dorsal. Info zu Entenschädel, siehe Abb. 16.
Abbildung 16
Abbildung 16: Entenschädel (Anas spec.) mit schiefem Oberkiefer, Präparaten-Nummer XVII/3/7a, aus dem Jahr 1866. Dargestellt aus unterschiedlichen Perspektiven (a-d). Fotografiert mit Genehmigung der Meckelschen Sammlungen der Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Anatomie und Zellbiologie. Vielen Dank besonders an Claudia Steinicke, für Ihre Hilfe!!

Die Gans Speedy

Animiert durch meinen Aufruf auf dieser Website, sich bei mir zu melden, falls Anomalien beim Schnabel von gehaltenen Gänsen aufgefallen sind, hat sich Sonja E. gemeldet und von „Speedy“ berichtet. Speedy ist eine weibliche Gans, die im Berchtesgadener Land nach einer Kunstbrut am 19. April 2020 geschlüpft ist. Der Vater ist eine Pommerngans, die Mutter eine Graugans und die Entwicklung verlief zunächst problemlos (Abb. 17 A und B). Nach ca. 6-7 Wochen wurde jedoch bemerkt, dass der Unterschnabel nach links ausscherte (Abb. 17 C). Das wurde bis zur 14. Woche noch extremer (Abb. 17 D), blieb dann aber weitgehend so bestehen bis Woche 19 (Abb. 17 E), und auch in Woche 24 gab es keine weiteren großen Veränderungen (Abb. 17 F). Auch der Oberschnabel scheint leicht nach links verschoben zu sein (Abb. 17 E und F). Wir konnten abklären, daß ein Unfall, eine Auseinandersetzung oder eine Infektion nicht aufgefallen sind, und auch die Nahrung, konventionelles Kükenfutter und Vitamintropfen im Trinkwasser, entsprach der Norm. Zusätzlich wurden verhältnismäßig viele Hühnereier und Brennesseln gefüttert. Weder die Eltern, noch die Geschwister, die später geboren wurden, zeigen irgendwelche Anzeichen von Anomalien des Schnabels oder sonstige Krankheitssymptome. Die Gesamt-Proportionen von Speedy sind allerdings kleiner als bei ihren Geschwistern, was bereits auf eine geringere Futteraufnahme hindeutet. Leider ist es am Ende doch zu größeren Beeinträchtigungen beim Fressen und Trinken gekommen, sodass Speedy vor dem Winter 2020 getötet wurde. Abbildung 18 zeigt Fotos des Kopfes nach dem Schlachten, Abbildung 19 den präparierten Schädel aus verschiedenen Perspektiven. Was sich vorher angedeutet hat, zeigt sich hier bestätigt, dass auch der Oberschnabel im Uhrzeigersinn in sich gedreht ist und der Unterschnabel eine extreme Verschiebung nach links zeigt.

Abbildung 20 zeigt den Schädel Speedys aus verschiedenen Perspektiven im Vergleich zu seinem „normal“ entwickelten Bruder und veranschaulicht die Veränderungen in Ober- und Unterschnabel noch deutlicher.

Die Ursache dieser Veränderung des Schnabels und Kopfes ist zum jetzigen Zeitpunkt weiterhin unklar, wir konnten keinerlei Anzeichen für eine äußere Einwirkung feststellen.

Abbildung 17
Abbildung 17: Lebendaufnahmen von der Gans „Speedy“. (A) nach der Geburt am 19. April 2020, (B) als Küken nach 5 Tagen, (C) nach 7 Wochen im Juni (zu diesem Zeitpunkt, bzw. eine Woche vorher, ist die Anomalie im Unterschnabel zum ersten Mal aufgefallen), (D1 und D2) nach 14 Wochen im Juli, (E) nach 19 Wochen im August und (F) nach 24 Wochen im Oktober. Alle Fotos: Sonja E.
Abbildung 18
Abbildung 18: Kopf der Gans Speedy nach dem Schlachten aus unterschiedlichen Perspektiven.
Abbildung 19
Abbildung 19: Präparierter Schädel der Gans Speedy. (A) zeigt den kompletten Schädel mit Ober- und Unterschnabel von dorsal, (B) nur den Unterschnabel, (C) und (D) nur den Oberschnabel. In (C) ist der Oberschnabel von dorsal und in (D) von ventral zu sehen.
Abbildung 20
Abbildung 20: Direkter Vergleich von Ober- und Unterschnabel von Speedy im Vergleich zu seinem Bruder ohne Anomalien, a, a‘ und a‘‘: Speedy, b, b‘ und b‘‘: sein „normal“ ausgebildeter Bruder.
Meinung von Experten zu den Anomalien - Erklärungsversuche:
Nach Kontakt per email zu amerikanischen Pathologen, die im Bereich „Pathologie von Geflügel“ tätig sind und waren, sind Ideen aufgekommen, wie die beschriebenen Anomalien erklärt und eingeordnet werden könnten. Es sind, so hat sich herausgestellt, auf jeden Fall unterschiedliche Erklärungsansätze möglich und sinnvoll, auch, weil es sich hier um Fern-Diagnosen handelt und die Tiere nicht eingehend untersucht werden konnten.

Die hier dargestellten Anomalien können, laut eines der Experten, als akute Formen von „Kreuzschnäbel“ bezeichnet werden, hervorgerufen durch ein überlagertes Trauma / eine Verletzung oder eine sekundäre Infektion mit Krankheitserregern.

Mir ist sehr ans Herz gelegt worden, die mit Anomalien aufgefallenen Tiere makroskopisch und mikroskopisch eingehend zu untersuchen, auch Proben aller großen Organe und vor allem der Knochen zu nehmen und histologisch zu analysieren.

Gründe für die dokumentierten Auffälligkeiten könnten in veränderten genetischen Parametern bei den Vögeln liegen, aber auch Nahrung, der Einfluß von Giftstoffen, mechanische Einwirkungen während der Entwicklung und Infektionen unterschiedlicher Bakterien, Viren oder Pilzen können als mögliche Ursachen genannt werden.

Über die Bedingungen während des Brütens (Einfluß von Licht, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, gerade in der zweiten Hälfte der Entwicklung im Ei) und die Auswirkungen auf die geschlüpften Küken haben ganze wissenschaftliche Symposien stattgefunden (z.B. beim ‚American College of Veterinary Pathologists‘ in 2021), und schon kleine Veränderungen können so extrem sein, daß etwa pathologische Ausprägungen der Schnäbel von Hühnern, wie z.B. die ab und zu auftretenden Kreuzschnäbel, damit erklärt werden.

Bitte schaut Euch in diesem Zusammenhang auch die Veröffentlichung von Lingnau & Kaleta (2018) an („Malformations of the upper beak and adjacent bones within the splanchnocranium of domestic geese: an evaluation of cases that have been described during four centuries”. Veterinary History, 19(2):163-176 (link, siehe unten)), wo ebenfalls viele Ideen zur Ursache der Anomalien diskutiert werden.

Danke von dieser Stelle an Dr. Fred Hoerr, Dr. Donna Hill und Dr. Floyd Wilson aus den USA. Danke für Eure Ideen! Die Diskussionen und Beurteilungen erfolgten durch Austausch von Fotos und bekannten zusätzlichen Informationen zu den dargestellten Tieren im Jahr 2021. Niemand der genannten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hat leider bisher einen der pathologischen Schädel in der Hand gehabt.

Ähnliche Anomalien auch bei Alligatoren!

Reptilien werden zoologisch-systematisch mit den Vögeln zusammen als Sauropsiden zusammengefasst, was auf ihre enge Verwandtschaft hinweist. Wundert es da, daß auch bei Reptilien ähnliche Anomalien auftreten? Dargestellt in Abbildung 21 ist ein Mississippi-Alligator, dessen Oberschädel wie bei den Gänse-Oberschnäbeln , die oben beschrieben worden sind, in eine Richtung verschoben ist, diesmal wieder nach rechts. Vielen Dank an Heidi und Glenn Reed, die diesen Schädel besitzen und mir die Fotos zur Verfügung gestellt haben.

Abbildung 21
Abbildung 21: Schädel eines jungen Alligators aus den USA mit pathologisch verschobenem Oberschädel, zur Verfügung gestellt von Heidi und Glenn Reed („Where on Earth“, www.tellmewhereonearth.com).

Schnabelprothese, eine Kuriosität aus Costa Rica

Nachdem Jugendliche in Costa Rica einem Tukan mutwillig den Schnabel abgeschlagen haben und er kaum noch fressen konnte, wurde ihm eine Prothese mit Hilfe eines 3D-Drucker angefertigt.

https://www.stern.de/panorama/wissen/natur/tukan-bekommt-neuen-schnabel-aus-dem-3d-drucker-5943804.html

Anomalie beim Krähenschnabel

Auf meiner Suche nach weiteren Vogelschädeln mit deformierten Schnäbeln bin ich auf „Rachel“ gestoßen, die einen Krähenschädel besitzt, der ebenfalls eine deformierte Krümmung des Schnabels aufweist.

Abbildung 22
Abbildung 22: Deformierter Schädel einer Aaskrähe oder Nebelkrähe, gefunden im „Gatehouse of Fleet, Castle Douglas“, Schottland. (A) zeigt den Kopf der Krähe vor der Präparation, (B) ein repräsentatives Foto des Schädels, und (C) den Vergleich des deformierten Schädels zu dem Schädel einer „normalen“ Krähe („normaler“ Schädel links im Bild). Thanks Rachel C!
Abbildung 23
Abbildung 23: Darstellung des Krähenschädels „Rachel“ aus verschiedenen Perspektiven, lateral: (A) und (D), ventral: (B), dorsal: (C). Der Schädel ist derselbe, der in Abb. 10 dargestellt ist. Thanks Rachel C!

Meine Bitte oder besser mein Aufruf an dieser Stelle:

Wenn Sie einen Vogelschädel, am besten einen Gänseschädel, besitzen, bei dem der Schnabel in irgendeiner Weise pathologisch deformiert ausgeprägt ist, oder wenn Sie jemanden kennen, der einen solchen Schädel hat, oder wenn Sie wissen, dass ein Vogel mit einem solchen Schnabel noch lebt, bitte lassen Sie es mich wissen. Wir versuchen, diese Fälle einzuordnen und zu untersuchen. Es wäre wirklich klasse, wenn Sie uns dabei unterstützen. Alle Fotos und Informationen darüber sind für uns extrem wichtig!

Am besten einfach eine e-mail schreiben an: skulls@fastmail.com
Alles Weitere können wir dann besprechen.
Vielen Dank!!! Es bleibt spannend….

Link zum pdf download der Publikation von Gerald Mayr, 2003, Senckenbergmuseum Frankfurt/Main.

Link zum pdf download der Publikation von Andreas Lingnau and Erhard F Kaleta, 2018, Veterinary History.

website Martin Horsky: http://www.horsky.de